Gab es einen Moment, an dem die Amerikaner beschlossen, die Welt zu führen? Nein. Im Ersten Weltkrieg wurden sie gerufen und kamen. In den Zweiten Weltkrieg traten sie ein, weil sie selbst angegriffen wurden. Erst der Fall des Eisernen Vorhangs machte die USA zur unangefochtenen Nummer eins. Doch damit ist es vorbei. Heute erheben neue Mächte wie China und Indien Ansprüche und Amerika ist geschwächt: durch 9/11, die Bush-Jahre und die Finanzkrise. Zbigniew Brzezinski, altgedienter Globalstratege und Berater Barack Obamas, würde sagen: Am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass der Stärkste den Weg weist. Wie aber kommt die Stärke zurück? Zum Beispiel durch ein anderes Verständnis von Leadership, das uns Obama gerade zeigt: eines, das nicht die Stärke betont, sondern den Willen zum Gespräch.
Uns interessiert die Frage: Muss und kann sich Amerika neu erfinden? Dazu geben unterschiedlichste Autoren Auskunft. Der Soziologe Richard Sennett sagt: Obama allein kann es nicht schaffen. Die Kulturwissenschaftlerin Marcia Pally erklärt, warum sich alle Amerikaner für bewundernswert halten. Und der Journalist Michael Levitin beschreibt das veränderte Familienbild in den großen amerikanischen Romanen: Die Familie stehe nicht länger für Loyalität und Stärke, sondern sei ein Ort großer Unruhe und unterdrückter Sehnsüchte.
Ein Zeichen des Wandels ist schon länger zu sehen: US-Fernsehserien, die den American Way of Life ironisch betrachten, sind weltweit unglaublich erfolgreich – etwa jene über die exzentrischen Desperate Housewives oder den tablettenabhängigen Arzt Dr. House. Vor der Erneuerung kommt immer die Selbstkritik. Die Welt schaut weiter nach Amerika.