Alltag | Wüste

Post aus Tataouine

Wo die Wüste anfängt, da hört die Zivilisation auf? Weit gefehlt! Wir haben mit Menschen gesprochen, die mitten im Nirgendwo leben - und dort bleiben wollen
Ein Porträt eines Mannes mit dunkler Sonnenbrille und eines Jungen. Sie stehen in einer Wüstenlandschaft. Die Sonne geht am Horizont unter.

Samy Mhenni

Ich arbeite am Rande der Wüste von Tataouine in Tunesien, wo ich eine Pension in einem Ksar, einer alten berberischen Siedlung, betreibe. Die Wüste von Tataouine ist eine Felswüste mit Canyons, die wie eine Kulisse aus Westernfilmen aussieht.

„Die Wüste ist der einzige Ort, der mich beruhigt“

Tatsächlich ließ sich George Lucas von dieser Landschaft für seine „Star Wars“-Filme inspirieren und drehte einige Szenen hier. Nicht umsonst trägt der Wüstenplanet in dem Film den Namen „Tatooine“. Die Wüste ist für mich der einzige Ort auf der Welt, der mich beruhigt. Ich liebe die Stille hier und besonders den nächtlichen Sternenhimmel – der ist magisch.

In der Wüste zu arbeiten, ist allerdings eine Herausforderung. Die Organisation jedes noch so kleinen Events, wie etwa eines Abendessens, erfordert hier viel Logistik. Jeder Tropfen unseres Trinkwassers muss beispielsweise von Tankwagen geliefert werden und die wenigen Straßen in unserer Nähe werden bei Sandstürmen unpassierbar.


Eine dunkelhaarige Frau mit Sonnenbrille sitzt auf einem Stein in einer Wüstenlandschaft.

Viktoria Keding

Die Wüste macht mich sehr glücklich und ich liebe es, den weichen Sand der Namib zu spüren. Der Kontrast zwischen den roten Dünen, den Kameldornbäumen und den Bergen ist einfach atemberaubend. Vor zwanzig Jahren habe ich hier das NaDEET Centre eröffnet, einen Ort, an dem man lernt, nachhaltiger zu leben.

„Von den Tieren der Namib können wir etwas lernen“

Die Namibwüste ist genau der richtige Platz, um Menschen zu vermitteln, wie endlich unsere Umwelt ist, und ihnen zu zeigen, wie man am effizientesten Wasser spart und mit Solarenergie kocht. Mit Blick auf die Tiere und Pflanzen, die in der rauen Landschaft der Namib überleben, können wir lernen, die Natur besser zu verstehen und uns ihr besser anzupassen.

In der Namib-Wüste kommt es an einem Tag zu Temperaturschwankungen von über dreißig Grad. Durch den Klimawandel haben die Wind- und Sandstürme außerdem stark zugenommen. Das ist eine der größten Herausforderungen, wenn man hier lebt.


Ein Selfie einer jungen Frau mit Sonnenbrille. Hinter ihr steht ein schräg gewachsener Baum. Die Landschaft ist karg und hügelig.

Ishita Khanna

Seit ich mich im Jahr 2002 dazu entschied, in der Wüste zu arbeiten, ist sie ein integraler Bestandteil meines Lebens geworden. Ich bin in Dehradun aufgewachsen, einer pulsierenden Stadt am Fuße des Himalaja. Dort geht es oft um materielle Dinge. Das Leben in Spiti, einer atemberaubenden, hoch gelegenen Kältewüste im Himalaja, ist derweil ein ganz anderes:

”Ich liebe die Einfachheit meiner Existenz in Spiti“

Es hat meine Sicht auf das Lebens verändert und mir geholfen, spirituell zu wachsen. Ich liebe die Einfachheit dieser Existenz, die uns zwingt, ein Leben im Einklang mit der Natur zu führen. Hier lernen wir, die Ressourcen, die uns die Erde zur Verfügung stellt, zu schätzen, ohne sie übermäßig auszubeuten.

Auf einer durchschnittlichen Höhe von 3.810  Metern ist die Landschaft hier karg, die Vegetation ist spärlich, und im sechsmonatigen Winter sinken die Temperaturen auf bis zu minus dreißig Grad. Das Leben in diesem Paradies ist hart. Grundbedürfnisse wie die nach Nahrung, Wasser, Strom und medizinischer Versorgung sind nur schwer zu befriedigen.

Für die Menschen vor Ort ist es unter diesen extremen Bedingungen natürlich sehr hart, zu arbeiten oder ihren Lebensunterhalt zu verdienen.


Ein Ganzkörper Bild eines Mannes mit einer Kochmütze in Orange. Die Landschaft ist karg. Der Himmel blau.

Cristian Mamani

Seit ich als Küchenchef eines Hotels mitten in der Siloli-Wüste im Südwesten Boliviens arbeite, hat mir das viel inneren Frieden gebracht. Die größte Herausforderung besteht hier darin, die unterschiedlichen kulinarischen Wünsche der Touristen zu befriedigen, etwa wenn es um veganes Essen oder um Allergien geht.

„Allein der Anblick der Siloli-Wüste inspiriert mich“

Die Beschaffung gewisser Zutaten gestaltet sich hier oft schwierig, da Obst und Gemüse aus den fernen Tälern Boliviens kommen und Lieferungen nur alle 14 Tage aus der Stadt Uyuni im Hotel eintreffen. Meeresfrüchte und Fisch sind hier keine Option. Seitdem ich in dieser Gegend arbeite, kann ich meditieren und die Verbindung zur Natur genießen.

Ich mag es, die Landschaft zu bestaunen, besonders dann, wenn sie von einer Dunstschicht bedeckt ist. Allein dieser Anblick inspiriert mich dazu, Gedichte zu schreiben. Vielleicht veröffentliche ich sie irgendwann.


Ein junger Mann sitzt in der Hocke auf sandigem Boden. Ein vertrockneter Strauch ist rechts von ihm.

Begis Sultamuratov

Mein Haus steht in der Nähe des Asshiko’l, eines Salzsees in der kleinen Sandwüste Tabakum bei Nukus City. Im Sommer gehen wir dort schwimmen und sonnen uns im heißen Sand; im Winter gefriert der See und der Wind heult durch die Weiten der Wüste. Ich genieße es, bei diesem Wetter spazieren zu gehen.

„Mein Körper hat sich an die Tabakum angepasst“

Da ich hier seit meiner Geburt lebe, hat sich mein Körper an die Wüstenbedingungen angepasst. Als ich vor sechs Jahren zum ersten Mal nach Europa reiste, bekam ich sofort verschiedenste Hautausschläge. Seitdem weiß ich, dass mein Körper in die Wüste gehört. Außerdem habe ich die sonnigen Tage während meines Aufenthalts in Europa sehr vermisst.

Seit einigen Jahrzehnten ist das Klima hierzulande jedoch auch nicht mehr, wie es einmal war: Es ist viel heißer und trockener geworden und der Aralsee existiert kaum noch. Durch das Salz in der Luft werden immer mehr Menschen krank. Indem wir mehr Brot und Fleisch essen, versuchen wir uns widerstandsfähiger zu machen.


Eine junge Frau in farbiger Tracht steht auf sandigem Boden. Mehrere Kamele befinden sich hinter ihr. Die Frau hält zwei Kamele fest, die mit einem Strick angeleint sind.

Uudii Ganchimeg

Wenn ich morgens aus der Jurte trete und in den blauen Himmel schaue, überwältigt mich ein Gefühl der Freude. Die Sommermonate verbringe ich mit meiner Familie im Khongoryn Els, einer Dünenlandschaft mitten in der Wüste Gobi, die auch als „Singender Sand“ bezeichnet wird.

„Das Leben in der Wüste Gobi erfüllt meine Familie und mich mit Stolz“

Durch den Wind, der über die Wüste fegt, entsteht hier ein Klang, der an eine Flugzeugturbine erinnert. In unserem Sommercamp vermieten wir vier Jurten an Touristen. Für sie koche ich, zum Beispiel Gerichte mit luftgetrocknetem Kamelfleisch. Im Herbst, Winter und Frühling ziehen wir dann in andere Teile der Wüste, wo wir in völliger Einsamkeit leben.

Dennoch erfüllt uns dieses Leben mit Stolz. Im Sommercamp haben wir sogar Internet und Solarstrom. Obwohl wir Hirten sind, haben wir unsere Ziegen und Schafe vor einer Weile verkauft, weil sie uns in den Sandstürmen immer wieder weggerannt sind. Die Kamele und Pferde haben wir allerdings behalten.


Eine Frau in langem weißen Mantel mit weißer Pelzmütze und einer Fackel in der Hand steht in einer Schneelandschaft.

Siv Limstrand

Das Leben in der Arktis macht die Haut trocken und wer hier wohnt, muss ständig darauf achten, genug Wasser zu trinken, um Körper und Geist in Schwung zu halten. Eigentlich bin ich kalte Winter vom norwegischen Festland gewohnt. Die Tatsache, dass es hier auf Spitzbergen nicht nur monatelang frostig ist, sondern auch dunkel, setzt mir allerdings noch immer zu.

„Die lange Dunkelheit in der Arktis setzt mir noch immer zu“

Besonders ist hier auch, dass der Permafrost es unmöglich macht, unterirdisch zu bauen. Deshalb werden Wasser-, Strom- oder Abwasserleitungen überirdisch verlegt und viele unserer Häuser stehen auf Pfählen, um sie besser vor der Kälte zu schützen. Trotzdem sind die Auswirkungen des Klimawandels hier bereits spürbar:

Die Gletscher in der Umgebung schmelzen und im Winter frieren nur noch wenige Fjorde komplett zu. Dennoch bleibt die Landschaft hier wunderschön, von der sanften Tundra über die steilen Berge bis hin zu den malerischen Gletschern.


Ein Mann im dunkelroten Kurzmantel steht auf einem Gehweg. Die Landschaft ist karg. Im Hintergrund sind ein paar Häuser. Der Mann hat die Hände in den Manteltaschen. Er blickt in die Kamera.

Edgar Picazo Merino

Ich kenne kaum einen Ort, an dem ich mich freier fühle als unter dem Himmel der Chihuahua-Wüste, die zwischen den USA und Mexiko liegt. Ihre Schönheit ist subtil und majestätisch zugleich. Sie reicht von winzigen, farbenfrohen Blumen bis hin zu atemberaubenden Sonnenuntergängen.

Das Leben in diesem Landstrich hat mich gelehrt, mit dem Nötigsten auszukommen. Aufgrund der Wasserknappheit fließt das Wasser aus unseren Leitungen oft nur nit sehr geringem Druck - und in ärmeren Gegenden müssen die Menschen sogar oft tagelang ohne fließendes Wasser auskommen.

„Die Chihuahua-Wüste ist subtil und majestätisch“

Meiner Meinung nach entschädigt uns die Sonne hier jedoch für allerlei Entbehrungen. Im Rest des Landes wird die Wüste oft als Ort der Bestrafung, des Exils und des Todes gesehen. Ich sehe das anders. Trotzdem muss ich zugeben, dass diese Wahrnehmung mitunter dazu führt, dass die Regierung die Bedürfnisse der Menschen in der Chihuahua-Wüste ignoriert.