Bildung | Kenia

Lichtblitze über Kenia

Das „reisende Teleskop“ der Astronomin Susan Murabana begeistert kenianische Kinder für Astrophysik und die Wunder des Sternenhimmels
Vor einem dunklen Nachthimmel mit vielen Sternen stehen zahlreiche Jungedliche im Kreis um ein Fernrohr herum, das in den Himmel gerichtet ist. Neben dem Fernrohr ist ein Junge auf eine kleine Leiter geklettert, um durch das Teleskop zu schauen

Jugendliche in Kenia bewundern den Sternenhimmel durch die „SkyWatcher Flextube“, ein mobiles Teleskop

In einer abgelegenen Gegend im Norden Kenias blicken fünfzig Sternensüchtige hinauf in den hell erleuchteten Nachthimmel. Unter ihnen sind Kinder und Erwachsene, Einheimische und Gäste aus dem Ausland, professionelle Astronomen wie Laien. Sie alle sind gekommen, um die Perseiden zu beobachten, einen Meteorstrom, auch Sternschnuppenschwarm genannt.

Ein atemberaubendes Himmelsspektakel, das jedes Jahr in der ersten Augusthälfte stattfindet und bei dem Sternschnuppen wie Feuerbälle mit der Strahlkraft der Venus auf die Atmosphäre treffen und dort verglühen. Bei den Lichtblitzen, die wie ein lautloses, überdimensioniertes Feuerwerk durch den Himmel zucken, verschlägt es den Beobachtern regelmäßig den Atem.

Organisiert hat diese Himmelssafari die kenianische Astronomin Susan Murabana, um „The Travelling Telescope“ („Das reisende Teleskop“) zu finanzieren; ein soziales Projekt, das sie zusammen mit ihrem Mann Daniel Chu Owen, einem Fotografen, gegründet hat.

„Als ich mit dieser Arbeit begann, begegnete ich keinen Menschen, die so aussahen wie ich. Vor allem keinen afrikanischen Frauen“

Erklärtes Ziel der beiden ist, abgelegene Gemeinden in Kenia über Astronomie aufzuklären und Kinder, insbesondere Mädchen, für Wissenschaft zu begeistern. Alle zwei Monate verladen Murabana und Chu Owen ihre Ausrüstung, die SkyWatcher Flextube, ein fünfzig Kilogramm schweres und 1,7 Meter langes Teleskop und machen sich auf den Weg in ländliche Gebiete.

Dort haben jedes Mal bis zu 300 Kinder die Möglichkeit, Planeten zu beobachten und etwas über Sternbilder und die Grundlagen der Astrophysik zu lernen. „Die meisten Kinder in Kenia hatten noch keine Gelegenheit, durch ein Teleskop zu schauen oder ein Planetarium zu besuchen. Das wollen wir ändern“, sagt Murabana, die auch Raumfahrtcamps für Jugendliche in Nairobi anbietet.

Sie schätzt, dass sie im Rahmen ihrer Projekte bereits rund 400.000 meist jüngeren Menschen die Wunder des Nachthimmels gezeigt hat – vor allem Kindern an Schulen in abgelegenen und ärmeren Regionen.

Eine Frau blickt direkt und freundlich in die Kamera. Sie ist porträtiert in einem Innenraum, mit Regal und Flur im Hintergrund. Sie trägt ein buntes Tuch mit afrikanischen Drucken um den Kopf gebunden, ein ärmelloses dunkelblaues T-Shirt und viele bunte Armreifen

Susan Murabana, Mitgründerin des „Travelling Telescope“

Ihre Leidenschaft für die Astronomie begann, als ihr Onkel sie einlud an einer Wohltätigkeitsveranstaltung im ländlichen Westen Kenias teilzunehmen. Diese wurde von Cosmos Education organisiert, einer NGO, die sich für die Verbesserung der wissenschaftlichen Bildung in Entwicklungsländern einsetzt.

„Der Blick durch das Teleskop an diesem Tag hat meine Leidenschaft für den Kosmos geweckt. Jetzt möchte ich Kindern, insbesondere afrikanischen Mädchen, die Chance geben, dieselbe Erfahrung zu machen“, sagt Murabana.

Was sie motiviert: „Als ich mit dieser Arbeit begann, begegnete ich keinen Menschen, die so aussahen wie ich. Keinen Afrikanern, und vor allem keinen afrikanischen Frauen.“ Das wollte sie ändern. Als sie 2013 während einer von ihr geleiteten Sternensafari Daniel Chu Owen kennenlernte, beschlossen beide, ihr eigenes Programm ins Leben zu rufen.

Astronomie als Entwicklungsarbeit ist ein ehrgeiziges Ziel, das gibt Murabana zu. Es war schwierig, die Finanzierung ihres Projektes zu sichern, gerade in einem Land wie Kenia, das fundamentale Probleme wie den mangelhaften Zugang zu einer ordentlichen Gesundheitsversorgung, zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen hat. Etwa neunzig Prozent der Kosten für das Wanderteleskop werden heute aus Eigenmitteln finanziert.

„Das ,Travelling Telescope‘ soll Kinder in ländlichen Gemeinden Kenias über Astronomie aufklären und sie für Wissenschaft begeistern“

Im Jahr 2021 wurde Murabana wegen ihres Engagements als Mentorin für Space4Women ausgewählt, ein UN- Programm, das Frauen aus dem Raumfahrtsektor mit Mädchen zusammenbringt, die eine Karriere in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik anstreben.

Schon als Murabana Astronomie studierte, war die ehemalige NASA-Astronautin Mae Jemison stets ein Vorbild, die erste afroamerikanische Frau im Weltraum. Heute hofft sie, dass ihre Arbeit eine Kettenreaktion auslöst, an deren Ende zum ersten Mal eine schwarze afrikanische Frau die Erde verlassen und in den Weltraum reisen wird.