Warum die Tiwah auf Borneo ihre Toten zweimal begraben
Das wichtigste Fest der Dayak, der indigenen Bevölkerung Borneos, ist bis heute die Tiwah, eine zweite Bestattung. Findet sie nicht statt, so glauben die Dayak, dass die Toten die Familie durch Missernten oder Krankheiten heimsuchen. Beim ersten Begräbnis wird die Leiche mit einem geheimen Elixier konserviert. Frühestens nach einem Monat, manchmal aber erst nach dreißig Jahren, werden dann bei der Tiwah die Gebeine wieder aus der Erde gehoben, begleitet von Musik, Trance-Tänzen und dem Schlachten von Opfertieren. Heute werden häufig auch moderne Orchester engagiert.
Die Leiche wird verbrannt und die Knochen werden in einen Sandong, einen Holzsarg in Form eines Bootes oder Hauses, gelegt. Das Fest zieht sich über sieben Tage, bei wohlhabenden Familien auch manchmal vierzig Tage. Mit ihm erreichen die Toten das Land der Seelen.
Aus dem Englischen von Caroline Härdter
Irina Scherbakowa, 1949 in Moskau geboren, ist Germanistin und Historikerin. Seit den 1970er-Jahren widmet sie sich der Aufarbeitung der Stalin-Zeit und hat die NGO Memorial mitgegründet, die 2021 verboten wurde
mehr
Seit Jahren rutscht Haiti von einer Krise in die nächste. Schuld daran ist eine internationale Gemeinschaft, die wegschaut – und ein Staat, dem sein Volk schon lange egal ist
mehr
Mit liberalen Positionen zu Abtreibung und Diversität wurde ich in Mexiko Kongressabgeordnete – und zur Zielscheibe von Hass
mehr
Über ein besonderes Tier auf Borneo
mehr
Wie reagieren die Vereinten Nationen auf den Krieg in der Ukraine? Mit der Resolution „Aggression gegen die Ukraine“ hat die Generalversammlung ein überraschend starkes Zeichen gesetzt. Ein Interview
mehr
In vielen Literaturverlagen war Diversität lange kein Thema, jetzt wollen plötzlich alle Vielfalt. Über eine Branche im Wandel
mehr