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Tausche Sprachkurs gegen Tarot-Sitzung

Wer sich in Brasilien sozial engagiert, kann dafür „Muda“-Token verdienen. Doch wofür ist die alternative Währung eigentlich gut? Ein Projektbericht
Eine Hand präsentiert ein Handy. Auf dem Bildschirm ist die geöffnete Muda-App zu sehen.

Für soziales Engagement digitale Tokens verdienen? Das ist das Ziel der Muda-Community

Das kurze Wort „Muda“ kommt von dem portugiesischen Verb für „wechseln“ – und heißt gleichzeitig so viel wie „Setzling“. Das ist ein passendes Bild für unsere soziale Währung. Sie startete 2019 auf einer digitalen Blockchain-Plattform in Rio de Janeiro und ist das Produkt eines bunt gemischten Teams aus Künstlerinnen, Professoren, Hackerinnen, Surfern und Träumern.

Konzipiert wurde die Alternativwährung, um Anreize für kulturelle, pädagogische und sozial-ökologische Aktivitäten zu schaffen und zu fördern. Dadurch sollen Prinzipien wie Nachhaltigkeit und Kooperation gestärkt werden. Muda gibt dem Begriff „Wert“ eine neue Bedeutung.

„Konzipiert wurde die digitale Währung, um kulturelle, pädagogische und sozial-ökologische Aktivitäten zu fördern“

Für die soziale Währung gelten ein paar einfache Grundregeln: Ein Muda entspricht einem Real (der Landeswährung), aber die Muda-Tokens können nicht in eine andere Währung umgetauscht, sondern nur innerhalb des Netzwerks verwendet werden.

Die derzeit über 5.000 Mitglieder leben über ganz Brasilien verteilt, aber die meisten wohnen in Rio de Janeiro. Das Ziel war, reichlich Mudas in Umlauf zu bringen, damit es möglichst leicht ist, Geschäfte damit abzuwickeln. Mudas verdienen können die Mitglieder deshalb durch angebotene Dienste, etwa Sprachunterricht oder Finanzberatung, aber auch, indem sie sich in ihrem lokalen Umfeld ehrenamtlich betätigen, einen Baum pflanzen, oder sogar indem sie sich selbst etwas Gutes tun – zum Beispiel mit Meditationsübungen.

Die Aktionen werden auf unserer Website erfasst und anschließend von Leuten, die das Netzwerk initiiert haben, bestätigt. Grundsätzlich vertrauen wir darauf, dass die Aktionen auch wirklich durchgeführt wurden, aber wenn wir den Verdacht haben, dass jemand zu viele Mudas anfordert, schreiten wir ein.

„Muda gibt dem Begriff ,Wert‘ eine neue Bedeutung“

Ausgeben kann man die Währung für Produkte und Dienstleistungen, die auf unserer Website oder in der App aufgeführt werden. Dort bieten Mitglieder Hilfestellung beim Internetauftritt, antiquarische Bücher, Tanzkurse, Tarot-Sitzungen oder auch Bio-Lebensmittel an, die als Essenskorb direkt nach Hause geliefert werden. Die Lebensmittellieferungen werden von der NGO Saúva bezuschusst. Das Angebot ist so erfolgreich, dass das Muda-Team neuerdings selbst in die Agroforstwirtschaft eingestiegen ist und eigenes Bio-Obst und Bio-Gemüse anbaut.

Während der Coronapandemie, die in Brasilien besonders verheerende Folgen hatte, stiegen unsere Nutzerzahlen rapide. Viele in Not geratene Familien meldeten sich an. Nach der Pandemie ebbte die Nachfrage ab, aber wir liefern nach wie vor jede Woche rund einhundert Lebensmittelkörbe aus.

Mehr Informationen zur Muda-Plattform finden sich online (in portugiesisch). Protokolliert von Jess Smee, aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld