Der Geruch der Kindheit
Ich bin im Polen der 1980er-Jahre nahe Kattowitz aufgewachsen, einer mit dem Ruhrgebiet vergleichbaren Industrieregion. Der Geruch von Kohle und Öl war damals allgegenwärtig – vor allem im Sommer, wenn der Straßenbelag durch die Hitze so weich wurde, dass man Kronkorken hineinpressen und Abdrücke von High Heels darin sehen konnte. Es gibt dieses schöne Wort: „Petrichor“. Es beschreibt den Geruch von Regen, der auf frische Erde fällt. In Kattowitz verdampfte er eben über aufgeheiztem Teer: eine schwere karamellartige Süße, gemischt mit Dreck und feuchter Frische.
Ich verwende ungern den Begriff der Heimat, weil er nationalistisch besetzt ist. Aber meine langjährige künstlerische Beschäftigung mit solchen Materialien hat natürlich auch mit diesen Kindheitsbildern zu tun: Männer mit rußgeschwärzten Gesichtern, eine mal staubige, mal klebrige Masse, die alles überzog und uns so normal schien wie das Grün des Waldes. Wenn ich mich an diese visuellen und geruchsintensiven Erfahrungen erinnere, wird mir bewusst, dass sie unwiederbringlich sind, Geschichte, so wie das gesellschaftliche System, in dem ich sie erlebt habe.