Taiwan kurz erklärt
Fünf Dinge, die man über den Inselstaat wissen muss
Ist Taiwan ein souveräner Staat?
Das ist Ansichtssache. Fragt man im Vatikan, auf Tuvalu oder den Marschallinseln nach, dann ja. Denn diese Länder gehören zu den nur 13 weltweit überwiegend kleineren und Kleinststaaten, die Taiwan unter dem Titel „Republik China“ anerkennen.
Bereits 1971 musste Taiwan seinen Platz bei den Vereinten Nationen der Volksrepublik China überlassen. 1979 brachen die USA alle offiziellen diplomatischen Kontakte ab. Allerdings unterhält die semipräsidentielle Republik dort sowie in vielen weiteren Ländern sogenannte „Taipeh Wirtschafts- und Kulturbüros“ anstelle von Botschaften.
Wie steht es dort um die Demokratie?
NGOs wie Freedom House bewerten Taiwan als eine der liberalsten Demokratien der Welt. Bis Ende der 1980er-Jahre sah das jedoch noch ganz anders aus. Denn unter Diktator Chiang Kai-Shek und der Kuomintang wurden zwischen 1947 und 1987 Zehntausende Oppositionelle verfolgt – und viele von ihnen ermordet. Erst die Erfolge der sogenannten stillen Revolution und die spätere „Sonnenblumenbewegung“ (2014) sorgten für den demokratischen Wandel.
Seitdem hat sich Taiwan wirtschaftlich geöffnet, seine Abhängigkeit von China verringert und ist das erste Land Asiens, das die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt. In einigen Bereichen wirkt die Inselrepublik nach westlichen Standards aber noch ziemlich autoritär. So wurde Ehebruch noch vor wenigen Jahren strafrechtlich geahndet und trotz eines zeitweiligen Moratoriums existiert die Todesstrafe für Vergehen wie Mord, Hochverrat und den Handel mit Drogen auf dem Papier noch immer.
Warum ist China so versessen auf Taiwan?
Nach dem Sieg der Kommunisten unter Mao Zedong im chinesischen Bürgerkrieg floh die republikanische Regierung 1949 auf die Insel Taiwan und führte dort die Republik China fort. Während man in Taipeh behauptete, das „wahre China“ zu repräsentieren, war Taiwan für die Regierung in Peking immer eine abtrünnige Exklave. Seit sich diese zu einer liberalen Demokratie nach westlichem Vorbild entwickelt hat, ist die Provokation umso größer.
In Peking wird die Insel als westlicher Brückenkopf in der eigenen Einflusssphäre wahrgenommen. Zudem ist die Taiwanstraße einer der wichtigsten Seewege der Welt, über den schon bald etwa die Hälfte der weltweiten kommerziellen Transporte abgewickelt werden könnte.
Ist ein chinesischer Angriff wahrscheinlich?
Seit Jahrzehnten setzt China Taiwan ökonomisch und militärisch unter Druck. Ein „kalter“ Konflikt im Pazifik ist also schon heute in vollem Gange. Die USA unterstützen die Inselrepublik mit Waffenlieferungen, haben sich allerdings bislang nicht klar dazu geäußert, ob man im Falle eines chinesischen Angriffs direkt militärisch eingreifen würde.
Das sogenannte Ein-China-Prinzip, nach dem die Volksrepublik neben Taiwan auch Hongkong und Macau für sich beansprucht, stellen die USA nicht grundsätzlich infrage. Hinter diesem diplomatischen Eiertanz steckt politisches Kalkül: Durch die „strategische Ambiguität“ soll Peking abgeschreckt werden.
Welche Rolle spielen die USA?
Taiwan nimmt eine Schlüsselposition in einer Region ein, die seit dem Zweiten Weltkrieg zur US-amerikanischen Einflusssphäre zählt. Und diese wird immer wichtiger. Längst ist die Rede vom „pazifischen Zeitalter“, welches das „atlantische“ ablösen wird.
Für die US-Regierung gilt: Auf eine unabhängige Ukraine will, auf ein unabhängiges Taiwan als Puffer gegen die chinesische Expansionspolitik kann man nicht verzichten. 2021 lud Joe Biden als erster US-Präsident Taiwans höchste Vertreterin in den USA zu seiner Inaugurationsfeier ein. Offenbar nehmen schon seit längerer Zeit inoffiziell US- Spezialkräfte an Militärübungen in Taiwan teil.
Zusammengestellt von Ruben Donsbach
Quellen: AFP, dpa, der Spiegel, Die Zeit, CSIS, German Marshall Fund, FAZ, Taiwan Sentinel, Freedom House, SWP, U.S.-Taiwan Trade Relations, Deutsch-Taiwanesische-Gesellschaft e. V., Auswärtiges Amt.