Die Entbindung per Handy zahlen

Foto: mTomady
Wer im südlichen Madagaskar ins Krankenhaus muss, überlegt sich das gut, selbst in Notfällen. Denn verlassen darf man die Klinik erst wieder, wenn alle entstandenen Kosten beglichen sind. Die meisten Menschen dort sind sehr arm, sie haben keine Krankenversicherung und keinerlei finanzielles Polster. „Das war schon immer ein Problem“, berichtet Elsa Rajemison, Mitgründerin und Geschäftsführerin der Onlineplattform mTomady. „Selbst wenn Verwandte einspringen, dauert es oft Tage, bis das Geld ankommt. Denn kaum jemand hat ein eigenes Bankkonto, um Geld zu überweisen.“
Gemeinsam mit zwei Ärzten der NGO „Ärzte für Madagaskar“ suchte sie nach einer Lösung. „Was wir auch in den entlegenen Gebieten reichlich gesehen haben, sind Mobilfunkmasten“, so Rajemison. So hatten sie die Idee eines elektronischen Gesundheitssparbuchs und gründeten 2019 mTomady – „tomady“ bedeutet auf Madegassisch „stark und gesund“, „m“ steht für „mobil“. Wer sich registriert, kann Geld, das nur für medizinische Zwecke genutzt werden kann, ansparen. Die Beträge werden durch Spenden verdoppelt.
„Mehr als die Hälfte der Geburten findet ganz ohne medizinische Hilfe statt“
Doch längst nicht alle Menschen haben ein Mobiltelefon, oft gibt es nur eines in der Familie. Deshalb, so überlegte sich das Team, muss einfach eine SIM-Karte reichen. Sie kann an den Gesundheitsstationen ausgelesen werden und mit ihr lassen sich Medikamente oder Operationen bezahlen.
Besonders Frauen profitieren von der Idee. Auf Madagaskar ist die Müttersterblichkeit sehr hoch, mehr als die Hälfte der Geburten findet ganz ohne medizinische Hilfe statt. mTomady bietet Schwangeren kostenfrei mobile Ultraschalluntersuchungen an. So können sie schon in der Schwangerschaft einschätzen, ob sie sich möglicherweise auf eine schwierige Geburt einstellen müssen, und können frühzeitig Geld etwa für einen Kaiserschnitt sparen.
Die Technologie, betont Rajemison, ist allerdings nur der kleinere Teil. „Wichtig ist, mit viel Aufklärung das Vertrauen der Menschen zu gewinnen.“ Auch wenn sie selbst das Projekt inzwischen von Berlin aus leitet, reist die Madegassin oft in ihre Heimat, um sich ein Bild von möglichen Problemen zu machen. Als sich etwa zeigte, dass die kleinen SIM-Karten leicht verloren gehen, teilte die Organisation eine Art Schlüsselanhänger zur Aufbewahrung aus.
mTomady macht bereits Schule: Auch im Kongo und in Uganda gibt es inzwischen Ableger.