Als eine von 15 postsowjetischen Republiken bemüht sich das Land seit 1990, Marktwirtschaft und Demokratie aufzubauen. Das Fehlen demokratischer Traditionen und die starke regional ausgeprägte Klanstruktur lassen Kirgisistan jedoch zunehmend in Autokratie versinken.
Im Frühjahr 2005 machte das Land weltweit Schlagzeilen. Gefälschte Parlamentswahlen lösten eine soziale Revolte, die Tulpenrevolution, aus. Der Staatspräsident Askar Akajew musste Kirgisistan umgehend verlassen. Kurmanbek Bakijew, einer der Anführer der kirgisischen Opposition, wurde neuer Ministerpräsident und Staatspräsident. Die erhofften demokratischen Veränderungen blieben jedoch aus. Der Autokratie von Askar Akajew folgte die von Kurmanbek Bakijew.
In Kirgisistan entscheidet die Staatsmacht über den Zugang zu Ressourcen und über Verteilungsmechanismen. Präsident Bakijews ehemalige Verbündete, die sich beim Verteilen des Staatskuchens benachteiligt fühlen, werfen ihm nun vor, er befolge demokratische Gründsätze nicht. Sie fordern seinen Rücktritt und organisieren große Protestkundgebungen.
Die kirgisische Opposition stellt einen Zweckverband einflussreicher Politiker und Unternehmer dar. Durch geschickte politische Schachzüge gelang es dem derzeitigen Staatspräsidenten Bakijew, die Opposition zu schwächen. So wurden einige Oppositionelle gefügig gemacht, indem sie zu hohen Staatsbeamten ernannt wurden. Almasbek Atambajew beispielsweise hatte 2007 das Ministerpräsidentenamt inne Omurbek Babanow wurde im Januar 2009 zum ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt. Gegen andere bedeutende Oppositionelle werden Prozesse angestrengt oder ihre Unternehmen unzähligen Steuer- und Finanzinspektionen unterzogen.
Ein durchdachter politischer Zug ist auch der Termin der vorzeitigen Staatspräsidentenwahlen in Kirgisistan. Am 20. März 2009 legte das kirgisische Parlament den Tag der Wahlen für den 23. Juli 2009 fest. Dieser Termin verschafft Kurmanbek Bakijew zwei Vorteile: Zum einen kann sich die Opposition in so kurzer Zeit kaum auf die anstehenden Wahlen vorbereiten, zum anderen will sich Kurmanbek Bakijew zum Staatspräsidenten „gekrönt“ sehen, bevor die Weltwirtschaftskrise ernsthaft zuschlägt. Kirgisische Gastarbeiter überwiesen 2008 1,2 Milliarden US-Dollar in die Heimat. Wegen der Weltwirtschaftskrise kehren viele von ihnen nun nach Kirgisistan zurück. Das Ausbleiben ihrer Überweisungen wird für das Land mit einem Bruttosozialprodukt von 4,9 Milliarden US-Dollar recht spürbar sein. Neue soziale Unruhen könnten entstehen.
Die aktuelle Situation lässt die Ergebnisse der Wahlen vorausahnen: Kurmanbek Bakijew wird mit 70 bis 85 Prozent der Stimmen wiedergewählt werden. Ein ernst zu nehmendes Rennen bleibt aus. Denn die Wähler können keinen Unterschied zwischen Bakijew und der Pseudoopposition erkennen.