„Ausländische Einmischung“: Begriff, der auch als ausländische „Agenda“ oder „Bevormundung“ auftrat und sich fast immer auf internationale Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Ägypten bezog. Wenn etwa die USA die Inhaftierung ägyptischer Oppositioneller beklagten, so war das eine „ausländische Einmischung“. Auch über die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz hieß es, sie dienten einer „ausländischen Agenda“.
„Bevölkerungsproblem“, „Elektroschock“, „Flaschenhals“: Ausreden für ausbleibenden Aufschwung. In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren begründete Mubarak wirtschaftlichen Stillstand mit dem anhaltenden Bevölkerungswachstum. Später sagte er, übereilte Reformen seien wie die Behandlung mit „Elektroschocks“ – zu ruckartig. Man befände sich derzeit in einem „Flaschenhals“, die Zeit der Sparmaßnahmen sei aber bald vorbei. Dieses Bild wurde von Ministern und der Staatspresse so oft bemüht, dass Ägypter spotteten, ihr Land sei in der größten Flasche der Geschichte gefangen.
„Demokratie“: Ein Herrscher, der dreißig Jahre mit einem Zierparlament und gefälschten Mehrheiten regiert, ist kein Demokrat. Mubarak vertrat nicht sein Volk, sondern die eigenen Interessen. Dennoch sprach er gerne von der Demokratie. „Man muss den Menschen die Prinzipien der Demokratie nahebringen und sie richtig anwenden“, sagte er, „das macht das ägyptische Projekt zu einem hervorragenden Beispiel für alle Völker der Dritten Welt.“
„Führer“ und „Vater“: Der frühere ägyptische Präsident Nasser nannte sich „Führer“, sein Nachfolger as-Sadat „Familienoberhaupt“ und der libysche Staatschef Gaddafi „Revolutionsführer“. Das Mubarak-Regime knüpfte an diese panarabische Tradition an und sprach von Mubarak als „Führer“ und „Vater“. So tadelte der damalige Premier Ahmad Shafik Aufständische im Januar 2011 mit den Worten, sie verletzten das moralische Gebot, ihren Vater zu ehren.
„Neues Denken“: Die Verjüngung der Führungsriege von Mubaraks Nationaldemokratischer Partei (NDP) nannte man das „Neue Denken“. Für die Opposition war dieser Begriff mit der Befürchtung verbunden, Mubarak plane die Machtübergabe an seinen Sohn Gamal, den Vorsitzenden der NDP. Dieser trat am 5. Februar 2011 von seinem Posten zurück – ein erfolgloser Versuch, die Demonstranten zu besänftigen.
„Pressefreiheit“: „Die Presse trägt in erster Linie eine nationale Verantwortung“, sagte Mubarak einmal. Wie „Demokratie“ war „Pressefreiheit“ ein Begriff, den er oft verwendete, aber gezielt ins Gegenteil umkehrte. Denn Meinungsfreiheit gab es nicht. Drucklizenzen wurden vom Obersten Presserat vergeben, Regimekritiker gingen dabei leer aus. Zudem drohten Journalisten Haftstrafen, sollten sie sich der „Kränkung des allgemeinen Friedens“ schuldig machen, der „Schwächung der gesellschaftlichen Moral“ oder der „Demütigung des Präsidenten“.
„Verehrte Dame“: Frühere ägyptische Präsidentenfrauen hielten sich im Hintergrund, Suzanne Mubarak suchte die Öffentlichkeit. Sie engagierte sich in der Bekämpfung der Kinderlähmung und verlegte eine Reihe erschwinglicher Literaturklassiker. Bereits ihre Vorgängerin Jehan as-Sadat hatte begonnen, sich nach amerikanischem Vorbild als wohltätige „First Lady“ zu inszenieren. Suzanne setzte diesen Weg fort und verfügte sogar über eigenes Personal. In vielen offiziellen Publikationen tauchte der Titel auf, der ihr Markenzeichen wurde: die „verehrte Dame“.
„Wirtschaftsreformen“: Anfangs profitierte Mubarak vom hohen Ölpreis, der Entwicklungshilfe und den Durchfahrtsgebühren des Sueskanals. Zu dieser Zeit stand das Schlagwort „Wirtschaftsreform“ für die Ausweitung staatlicher Planung. Als die Einnahmen sanken, verordnete der Präsident Sparpolitik und Liberalisierung. Auch das nannte er „Wirtschaftsreform“. Vor dem drohenden Staatsbankrott 1990 stand „Wirtschaftsreform“ dann für die Umsetzung von Weltbank-Empfehlungen. Die Begriffsbedeutung änderte sich, doch um eines ging es immer: den Ägyptern die Geduld abzuverlangen, schwierige Bedingungen stumm zu ertragen (siehe auch „Flaschenhals“).
Aus dem Arabischen von Stefanie Gsell