70% der Armenier wollen gute Beziehungen mit der Türkei

kommentiert von Ani Tovmasian

Geht ohne (Ausgabe I/2023)


Auf den ersten Blick mag diese hohe Zahl aus einer Studie des International Republican Institute erstaunen. Die Studie besagt aber auch, dass neunzig Prozent der Armenier die Türkei als die größte politische und wirtschaftliche Bedrohung sehen. Diese Dichotomie ist auf die Entwicklungen nach dem Waffenstillstand von 2020 zwischen Armenien und Aserbaidschan zurückzuführen.

Ende 2021 schienen die Verhandlungen, die diplomatische Beziehungen zwischen den Ländern aufbauen sollten, noch auf gutem Weg. Obwohl die Türkei damals die Aggressionen gegen Armenien offen unterstützte und negative Emotionen schürte, hoffte die Mehrheit der armenischen Bevölkerung nach dem Krieg auf eine Normalisierung der armenisch-türkischen Beziehungen.

Die Gründe dafür waren praktischer Natur: Gute Beziehungen mit der Türkei würden für das isolierte Land angesichts der Wirtschaftsblockade seit den 1990er-Jahren mehr Sicherheit und eine geringere Abhängigkeit von Russland bedeuten. Doch mit der militärischen Eskalation zwischen Armenien und Aserbaidschan nach 2020 und der negativen Rhetorik der Türkei zur Unterstützung Aserbaidschans wächst die Skepsis in der armenischen Bevölkerung.



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