72% der Bolivianer wollen, dass die Lithiumproduktion verstaatlicht wird

kommentiert von Adrián Alarcón Sosa

Selbermachen (Ausgabe IV/2021)

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Mit dem Abbau von Lithium wie hier in der Uyuni-Salzwüste und der Produktion von Akkus aus diesem wertvollen Metall will die bolivianische Regierung die Industrialisierung des Landes vorantreiben. Foto: Getty Images


Seit 2008 will die bolivianische Regierung in Eigenregie die Produktion von Lithiumbatterien aufbauen. Hintergrund dieses Bestrebens ist nicht zuletzt das kollektive Trauma des Landes, dessen Ressourcen früher durch koloniale Mächte beansprucht wurden und in der jüngeren Vergangenheit durch ausländische Konzerne. Eine Mehrheit der Bevölkerung befürwortet diese Verstaatlichung, die Umsetzung läuft allerdings schleppend. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird der Durchbruch der staatlichen Lithiumindustrie nun schon angekündigt.

Doch bislang sind nur einige Pilotanlagen in Betrieb. Der Aufbau echter Produktionsstätten ist scheinbar eine große Herausforderung und wichtige Fragen zu Vertrieb und Infrastruktur sind weiterhin ungeklärt. Zwar beruft die Regierung sich stets auf die langjährige Bergbautradition Boliviens, ignoriert dabei jedoch, dass sich die Verfahren zur Lithiumgewinnung grundsätzlich von anderen Bergbaumethoden unterscheiden.

Zudem birgt die Lithiumindustrie auch Gefahren: den intensiven Wasserverbrauch in ohnehin schon sehr trockenen Gegenden etwa, sowie die sozialwirtschaftlichen Folgen für die Aymara- und Quechuavölker, die in diesen Regionen leben. Eine Reihe dubios umgesetzter Konsultationsprozesse im Rahmen des Rechts auf freie, vorherige und informierte Zustimmung indigener Völker, Korruptionsvorwürfe an die Regierung und eine insgesamt breitflächige politische Unzufriedenheit kündigen ein weiteres Scheitern an.

Quelle der Umfrage: Centro Estratégico Latinoamericano de Geopolítica (CELAG)



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