In den hoch gelegenen Nebelwäldern im Nordwesten Costa Ricas lebt der Glockenvogel. Das Gefieder des Männchens glänzt rotbraun, Kopf und Kehle sind weiß. Das Weibchen ist olivgrün mit gelber Unterseite. Der Dreilappenkotinga, wie er auch wegen der drei Hautlappen am Schnabel heißt, ist nur selten zu sehen. Dafür hört man ihn umso öfter. Er lebt im Baldachin großer Kapok- und Feigenbäume zwischen Aufsitzerpflanzen und Misteln. Sein Gesang ist einer der lautesten im Tierreich und über 800 Meter weit zu hören. Trotz seines Namens erinnert der Gesang dieses Vogels weniger an Glockenläuten als an den Klang einer in der Ferne angeschlagenen Harfe: metallisch und durchdringend, bisweilen gespenstisch.
Sein Ruf besteht aus mehreren Teilen, ist fast wie eine Rede, ein Gespräch. Und nie haben zwei Exemplare denselben Gesang. Ihren Ruf müssen die Vögel erst erlernen und sie vervollkommnen ihre akustische Syntax ein Leben lang – für die Balz und die Fortpflanzung. Wahre Choreografien führt das Männchen mit seiner Partnerin auf, die der Bewahrung der eigenen Art vorangehen. Die Balz vollzieht sich in einem komplexen Spiel, bei dem sich das Männchen dem Weibchen nach und nach annähert. Mehrmals wechseln die beiden die Positionen im Geäst. Die Zweige, die das Männchen für die Paarung wählt, misst es vorher penibel aus. Denn Ungenauigkeiten verzeiht das Weibchen nicht. Ein Glockenvogel, der bei der Landung schlecht zielt, gibt seine Gene höchstwahrscheinlich nicht weiter.
Aus dem Spanischen von Timo Berger