Wir haben als Redaktion schon oft überlegt, ein Heft über Tiere zu machen. Lange erschien uns das Thema nicht dringlich genug, und wir wollten uns lieber mit den Anliegen von Menschen beschäftigen. Mittlerweile aber ist der Umgang der Menschen mit Natur und Tieren überall auf der Welt so katastrophal
geworden, dass wir unbedingt ein Heft über Mensch und Tier machen wollten – über die große Liebe, die viele Menschen zu allen möglichen Geschöpfen hegen, ebenso wie über dramatische Fehlentwicklungen.
In dieser Ausgabe erklärt der italienische Epidemiologe Donal Bisanzio, wie Pandemien mit kollabierenden Ökosystemen und Artensterben zusammenhängen. Die französische Philosophin Corine Pelluchon schreibt darüber, wie die industrielle Tierzucht und -verarbeitung in der westlichen Welt das Mitgefühl der Menschen abgestumpft hat. Immer geht es beim Verhältnis zwischen Mensch und Tier um die Frage: Stehen wir über ihnen? Oder sind wir wie sie? Der niederländische Verhaltensforscher Frans de Waal untersucht Emotionen bei Tieren und sagt: „Schimpansen sind viel ehrlichere Politiker als Menschen: Sie wollen Macht und dafür arbeiten sie.“
Wir schauen auch darauf, wie Mensch und Tier miteinander kommunizieren – in einem Beitrag über die Therapie traumatisierter US-Soldaten mit Pferden und einem Interview mit dem Schriftsteller T. C. Boyle, der erzählt, wie er mit Tieren spricht. Es geht außerdem um Tiere, die in Gruppen um die Welt wandern, und um Menschen, die Tiere hüten – wie Ajsalkyn Jessenbajewa, die mit ihren Schafen in den Bergen Kirgisistans lebt. Eines verbindet alle Geschichten: Wie Menschen mit Tieren umgehen, erzählt sehr viel darüber, wer sie als Menschen sind.