Als wir Ende März das Thema dieser Ausgabe planten, war die Welt gerade geschlossen worden: Es gab massive Lockdowns in vielen Ländern, auch in Kanada, über das wir eigentlich in einem Schwerpunkt berichten wollten. Wir überlegten: Was kann man in einem Moment, in dem noch niemand richtig fassen kann, was geschieht, veröffentlichen? Dann dachten wir: Literatur. Literatur hilft doch immer irgendwie weiter, wenn die Realität die Phantasie übersteigt.
Und so beschlossen wir, ausnahmsweise nicht einfach über Kulturaustausch zu berichten, so wie wir es sonst tun, sondern selbst zu einem Kulturaustausch-Projekt zu werden. In einer Krisensituation, in der Staaten begannen, sich voneinander abzuschotten, wollten wir eine erzählerische Verbindung über Kontinente hinweg schaffen: mit einer Geschichte, die um die Welt geht. Und so luden wir acht Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein, gemeinsam eine Erzählung zu verfassen.
Vorgegeben war nur der erste Satz: »Die Stadt war leer.« Von da an entfaltete sich eine Geschichte: von Serhij Zhadan in der Ukraine über Mathias Énard in Frankreich zu Tope Folarin in den USA, weiter zu Glenn Diaz auf den Philippinen, Patricia Grace in Neuseeland, Yvonne Owuor in Kenia und Claudia Piñeiro in Argentinien bis hin zu Ben Okri in Großbritannien.
Wir haben jeden Beitrag aus der Originalsprache ins Deutsche und ins Englische übersetzt – die deutsche Fassung lesen Sie hier im Heft, die englische hingegen war die für alle verständliche Version, in der die Geschichte weiterwanderte. Sie erzählt von einer vergangenen Katastrophe, die ihre Fühler weit in die Zukunft streckt. Und in der immer wieder unsere Gegenwart aufblitzt.
Illustriert hat diese internationale Erzählung die wunderbare Zeichnerin Elisabeth Moch. Aber lesen und schauen Sie selbst!
(Und Kanada erwartet Sie dann in der nächsten Ausgabe.)