21% der Ukrainer glauben, LGBT verdienen keinen Rechtsschutz*

kommentiert von Inga Pylypchuk

Das ärmste Land, das reichste Land (Ausgabe III+IV/2018)


Auf den ersten Blick scheint 21 Prozent eine große Zahl zu sein. Aber das Bild wäre nicht komplett, ließe man die andere Seite der Statistik außer Acht. Denn die bpb- Studie besagt auch, dass 56 Prozent der ukrainischen Bevölkerung gleiche Rechte für Schwule und Lesben begrüßen. Für ein Land, in dem zu Sowjetzeiten die weibliche Homosexualität als Krankheit und die männliche als Verbrechen galt, ist dies nicht selbstverständlich. Nach der Entkriminalisierung der Homosexualität 1991 hat es mehr als 25 Jahre gedauert, bis die LGBT-Community der Ukraine offensiv gleiche Rechte einfordern konnte. Durch die Maidan-Revolution wurde eine Wertedebatte angeregt, die auch hier Folgen zeigte. Während sich 2015 nur etwa 200 Demonstranten auf den Kiewer Gay Pride wagten, waren es 2018 mehr als 5.000 Menschen, darunter viele Heterosexuelle, die das Ideal der Gleichheit unterstützen. Gleichzeitig verschärften sich die ideologischen Fronten. Schwule und Lesben wurden sicht- und damit angreifbarer, es kam vermehrt zu Attacken von nationalistischen Gruppen. Der Mainstream denkt heute schlicht, LGBT sollten tun, was sie wollen, sich aber nicht öffentlich zeigen. Diese Form von Homophobie tritt unter den 21 Prozent am häufigsten auf. 

*Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, Dossier Ukraine



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