Früher funktionierten Medien sehr einfach: Es gab Sender und Empfänger. Die Sender schickten Botschaften, Nachrichten, Informationen. Die Empfänger lasen und hörten sie. Heute ist das anders: Mithilfe digitaler Technik und sozialer Netzwerke kann heute jeder Sender sein, Informationen vervielfältigen und seine Meinung einem großen Publikum mitteilen. Journalisten, die früher Ereignisse filterten und so entschieden, was in die Öffentlichkeit gelangte und was nicht, verlieren kommunikativen Einfluss. Gleichzeitig wird die freie Presse von autoritären Staatschefs massiv bedroht. In den USA schließt Donald Trump Medienvertreter von Presseterminen im Weißen Haus aus. In der Türkei sitzen über 150 Journalisten im Gefängnis, sogar ein Korrespondent der deutschen Zeitung Die Welt, Deniz Yücel, wurde in das Hochsicherheitsgefängnis von Silivri gesteckt, Präsident Erdogan nannte ihn einen „deutschen Spion“.
In dieser Ausgabe von KULTURAUSTAUSCH geht es darum, was Menschen mit Medien machen. Der Ethnologe Arjun Appadurai von der New Yorker New School schreibt über die starken Gefühle, die Hassbotschaften und Katastrophenmeldungen auslösen. Wie können aufklärerische Nachrichten, die eher Reflexion und Mitgefühl erfordern, da noch mithalten?, fragt er. Wendy Hui Kyong Chung, Professorin für Modern Culture and Media an der Brown University in Providence, USA, analysiert, wie Algorithmen festlegen, welche Inhalte bei einzelnen Nutzern landen, – und Menschen so in „Echokammern“ ihrer eigenen Ansichten sperren. Angela Phillips vom Goldsmith College in London schließlich zeigt, wie sich Medien im permanenten Kampf um Aufmerksamkeit kaputt machen.
Wir werfen in diesem Heft einen Blick in die internationale Medienwelt, schauen nach Tschechien, Indonesien, Kenia und Syrien. Wir fragen, was einen guten Journalisten heute ausmacht, was der Vertrauensverlust gegenüber Qualitätsmedien für Demokratien bedeutet und welche Folgen das irre Tempo hat, in dem Informationen und Meinungen heute hergestellt, verbreitet und rezipiert werden.
Diese Ausgabe ist eine persönliche Angelegenheit. Wir sind selbst Journalisten und beim Thema „Medien“ viel stärker persönlich involviert als bei anderen Schwerpunktthemen. Und natürlich sorgen wir uns derzeit um angekratzte Demokratien und die Bedrohung unabhängiger Medien. Ich persönlich mache mir Sorgen um Kollegen wie Deniz Yücel, den ich kenne und der einfach seine Arbeit als Journalist machen dürfen sollte: von der Welt zu berichten, so, wie sie ist.