In Brasilien bin ich ein „Gringo“, also ein Ausländer. Manchmal nennen die Brasilianer mich auch „Alemão“, Deutscher ? obwohl ich Finne bin ? , oder sie sagen „Doktor“. Viele Brasilianer denken, wer weiß ist, hat eine Ausbildung. Sie meinen das nett und gar nicht negativ.
Eigentlich bin ich durch einen Zufall nach Brasilien gekommen. Ich war im Jahr 1988 für eine Woche dort, um Interviews für meine Komödie „Helsinki Napoli“ zu geben. Kurze Zeit später habe ich in Brasilien einen Film über den Amazonas gedreht und viele Freundschaften geschlossen. Schließlich kaufte ich ein Haus in Rio de Janeiro, unterhalb des linken Arms von Christus. So sind aus einer Woche zwanzig Jahre geworden.
Vor zehn Jahren habe ich mich in eine Brasilianerin verliebt, sie kommt aus Salvador de Bahia. Das ist die größte afrikanische Stadt außerhalb Afrikas, 60 Prozent der Menschen sind schwarz. Es gibt hier eine wahnsinnige Mischung verschiedener Kulturen, sie besteht hauptsächlich aus Einflüssen von Indianern, Europäern und Afrikanern. Dazu kommen Japaner und Araber. Dies drückt sich in den verschiedenen Traditionen aus, die hier zu sehen und zu spüren sind. Diese Tatsache für mich als Filmemacher natürlich besonders interessant.
Die Menschen im Nordosten entsprechen nicht unbedingt dem Klischee vom Brasilianer, der temperamentvoll ist, viel redet und Samba tanzt. Hier gibt es ganz einfache Leute, die nicht ständig quatschen und die ähnlich wie die Finnen sind. Sie arbeiten sehr viel und stehen jeden Morgen um vier oder fünf Uhr auf. Dann fahren sie mit dem Bus zwei Stunden zur Arbeit, kehren spät am Abend zurück und schlafen wenig. So sieht deren Alltag aus, weit weg von Samba und Stränden. Seit etwa zehn Jahren machen sich Veränderungen bemerkbar. Denn der ehemalige Präsident Lula hat es geschafft, dass auch ärmere Leuten ein Darlehen aufnehmen können, um ein Haus oder ein Auto zu kaufen.
Protokolliert von Laura Wesseler