Goldschürfer-Camps in der Mongolei

von Timothy Fadek

Vom Sterben. Ein Heft über Leben und Tod (Ausgabe IV/2012)

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Ein Billiardtisch mitten in der mongolischen Steppe: Eindrücke aus einem Goldschürfer-Camp. Foto: Timothy Fadek


Aus einem Magazin erfuhr ich vom Goldrausch in der Mongolei. Die Story entwarf ein völlig anderes Bild von dem Land, das ich zu kennen glaubte. Diese arme Nation aus Hirten und Nomaden sollte durch Gold, Kupfer und andere Mineralien plötzlich zu Reichtum gelangen? Dem Bericht fehlten die Bilder. So beschloss ich, selbst herauszufinden, was an der Geschichte dran war. In Ulaanbaatar, der Hauptstadt der Mongolei, angekommen, fotografierte ich alles, was neu war und glänzte: Nachtklubs, Shopping Malls, Louis-Vuitton-Läden. Dann erst wagte ich mich zu den Gold- und Kupferminen hinaus, die oft Hunderte von Kilometern entfernt liegen und die Ursache des neuen Reichtums sind.

Man hatte mich gewarnt, dass die Goldsucher in den kleinen illegalen Goldminen sicher nicht fotografiert werden wollten. Sie werden von den Mongolen „Ninjas“ genannt, denn wenn sie die grüne Schüssel, die sie zum Herauswaschen des Goldes benutzen, auf dem Rücken tragen, erinnern sie an die „Teenage Mutant Ninja Turtles“ aus den US-amerikanischen Comics und Filmen. Tatsächlich sind viele von ihnen früher Nomaden gewesen und haben ihre traditionelle Lebensweise aufgegeben, weil sich mit Gold schnell Geld verdienen lässt.

Die Goldsucher am Billardtisch traf ich etwa fünf Stunden von der Hauptstadt entfernt in der Nähe von Uyanga. Sie haben mich, nachdem ich ihnen offen erklärte, was ich wollte, sehr freundlich aufgenommen. Und sie waren geduldig mit mir. Ich wusste beispielsweise nicht, dass man beim Betreten einer Jurte nicht die Schwelle berühren darf und sich im Inneren im Uhrzeigersinn bewegen muss. Nur ihre Gesichter verrieten mir, wenn ich wieder etwas falsch gemacht hatte.

Aus dem Englischen von Karola Klatt



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