„Ich weiß nicht, was es heißt ein Mann zu sein“, schreibt der schottische Autor John Burnside im Einleitungsessay in dieser Ausgabe. Wir haben unsere Autoren gefragt: Was ist männlich? – und sehr unterschiedliche Antworten erhalten. Der russische Dramatiker Juri Klawdiew sagt: „In meiner Potenz misst sich meine Kraft, die Welt zu verändern.“ Die indische Verlegerin Urvashi Butalia erzählt, wie sie als Literaturstudentin auf der Suche nach echten Kerlen war und sich deshalb den Russen zuwandte: Puschkin, Turgenew und Tolstoi. Die schrieben tolle Romane, aber waren ihre Helden wirklich männlich? Nicht eher menschlich – also Charaktere mit echten Schwächen?
Der New Yorker Soziologe Michael Kimmel verrät „ein wohlgehütetes Geheimnis der Männlichkeit: Wir haben vor anderen Männern Angst“. In den Medien sind besonders die miesen Kerle präsent: Gewalttäter, Pädophile, Vergewaltiger. Verbreitet ist auch die Vorstellung, dass Männer vor allem archaischen Trieben folgen – jagen! besamen! Revier verteidigen! Und viele Frauen pflegen ein Bild vom Mann als emotionalem Trottel.
Es soll auf den folgenden Seiten nicht darum gehen, Männer mit Frauen zu vergleichen. Es geht darum, sie als Söhne und Väter zu betrachten, als Männer unter Männern und als Männer, die mit Frauen zusammenleben. Für dieses Heft haben wir ein paar Männer gebeten, zu loben: nein, nicht sich selbst, sondern andere Männer. Wir wollten herausfinden, was Männer an Männern toll finden. Boualem Sansal, Haile Gebrselassie, Jacques Delors und andere lassen uns wissen, wen sie für gute Typen halten. Und wir Frauen? Lieben gute Typen!