Erwartungsvoll nimmt man dieses Buch zur Hand: Sein Titel „Auswärtige Kulturpolitik“ und der Herausgeber, Professor Wolfgang Schneider, Universität Hildesheim, versprechen einen weiterführenden Beitrag zur Debatte um Ziele und Richtung der „dritten Säule der Außenpolitik“. Enttäuscht legt man es nach der Lektüre beiseite. Nicht deshalb, weil Professor Schneider mit diesem Band einer Reihe seiner Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit zu einer ersten Publikation ihrer Fallstudien zur Auswärtigen Kulturpolitik verschafft hat – das ist legitim und sogar gut. Wohl aber, weil der im Titel erhobene Anspruch und seine Realisierung weit auseinanderklaffen.Dabei sind manche Fallstudien durchaus von Interesse, so einige der Arbeiten zum Thema „Europäische auswärtige Kulturpolitik“, besonders die kenntnisreiche Arbeit von Robert Peise, oder auch der Beitrag von Daniel Gad zum immer noch problematischen Verhältnis von Auswärtiger Kultur- und Entwicklungspolitik. Indessen krankt das von Wolfgang Schneider in seinem Vorwort erläuterte Grundkonzept der Publikation gleich mehrfach an sich selbst.
Erstens ist sein Kulturbegriff allzu eng, nämlich begrenzt auf Kunst, Literatur, Musik, Film und Verwandtes, so wie er in der innerdeutschen Debatte leider noch vorherrscht. Weder das Auslandsschulwesen noch der Hochschulbereich und seine Mittler kommen als Themen vor, und die Medien allenfalls als Transporteure kultureller Botschaften. Mit Ausnahme der Städtepartnerschaften fehlt auch der weite Bereich des zwischengesellschaftlichen Dialogs, vom Sport bis zu den Kirchen. Kein Wunder, dass in den Literaturangaben wichtige Publikationen zur Auswärtigen Kulturpolitik gar nicht auftauchen.
Daraus ergibt sich zweitens, dass die richtige, obgleich nicht neue Erkenntnis, wie eng die jeweilige innere Szene und die Auswärtige Kulturpolitik miteinander verflochten sind, zu der falschen Forderung führt, beides gehöre innerhalb der Bundesregierung in eine Hand, nämlich in die des beim Bundeskanzleramt angesiedelten Staatsministers für Kultur. Ganz abgesehen davon, dass Kultur und Bildungswesen innerstaatlich ganz überwiegend Ländersache sind, wird damit negiert, wie unentbehrlich die „dritte Säule“ für jede Außenpolitik ist. Stattdessen zeichnen etliche Beiträge ein Zerrbild der Außenpolitik, die angeblich durch ihre Zielsetzungen die Freiheit der Kultur einschränke. Nun gibt es hier durchaus ein Spannungsverhältnis, doch lehrt hundertjährige Erfahrung in diesem Feld, dass und wie es lösbar ist.Das kommt eben davon, wenn man sich, wie die Einordnung des Buchs in eine Reihe „Texte zur Kulturpolitik“ ausweist, unter die Fittiche des Deutschen Kulturrats begibt, der aufgrund seines verengten Kulturbegriffs und seiner innerstaatlich beschränkten Perspektive gerne Neumann statt Steinmeier als obersten auswärtigen Kulturpolitiker sähe.Summa: Hier wurde eine schöne Chance leichtfertig verschenkt.
Auswärtige Kulturpolitik. Dialogals Auftrag – Partnerschaft als Prinzip. Herausgegeben von Wolfgang Schneider. Klartext Verlag, Essen, 2008.
Siehe auch Forum: „Kulturelles Selbstverständnis“, S. 74-75.