Kurzbesuch | Mongolei

Der Minimalismus der Jurten

Von der Jurte in den Wohnblock: Traditionelle Elemente gehören in Ulaanbaatar zur Wohnungseinrichtung dazu. Zu Besuch bei einer Familie in der mongolischen Hauptstadt
Mehrere hohe Häuserblocks grünweißer Neubauten mit einem Spielplatz davor

Der moderne hellgraue Wohnblock mit seinen gleichförmigen Fensterreihen, in dem Ariunzaya Batdorj und ihre Mutter Urangoo Gantumur vor zwei Jahren gezogen sind, ist einer von Tausenden dieser Art in Ulaanbaatar: Die mongolische Hauptstadt wächst schnell, und hier lebt mit inzwischen mehr als anderthalb Millionen Menschen fast die Hälfte der Bevölkerung des Landes.

Die 26-jährige Ariunzaya ist Architektin und renoviert denkmalgeschützte Gebäude, ihre Mutter näht traditionelle Kleider, wie sie die Einheimischen bei wichtigen Anlässen, etwa nationalen Feiertagen tragen. Ariunzayas ältere Geschwister leben mit ihren Familien, unverheiratete Kinder wie sie wohnen auch aus finanziellen Gründen oft bei den Eltern.

In einem hellen Wohnraum liegt ein großer Teppich, an der Wand steht ein schlichtes Sofa, an der Wand hängen zwei traditionelle Seiteninstrumente. Auf drei Schneiderpuppen hängen Kleider aus traditionellen Stoffen

Ihr helles, luftiges Apartment ist modern eingerichtet, mit vielen traditionellen Details. Im Wohnzimmer gibt es keine Regale oder Schränke, nur eine Matratze und einen dicken Teppich. Mit diesem minimalistischen Design halten die beiden, so Aruinzaya, auch das Erbe ihrer nomadischen Vorfahren in Ehren, die in einem Ger, einer mongolischen Jurte wohnten.

Diese respektvolle Haltung gegenüber der Familiengeschichte ist in der Mongolei weit verbreitet, viele Menschen hängen Fotos ihres Geburtsortes auf. In dieser Wohnung zeigt stattdessen ein von Ariunzaya gemaltes Bild einen Berg in der Wüste Gobi, aus der ihre Vorfahren stammen. Im Aquarium liegen besondere Steine, die sie dort gesammelt hat. Ariunzayas Lieblingsstück aber ist ein altes Holzbett in ihrem Zimmer, das einst in dem Ger ihrer Ahnen stand und das jetzt als Bücherregal dient.

Eine Frau lehnt an einem großen Nähregal

Der Nähschrank von Urangoo ist voll mit Stoffen für ihre Kleiderproduktion. Jeden Morgen trainiert sie zwei Stunden lang auf ihrem Hometrainer. In Ulaan­ baatar gibt es zwar überall Basketball­ und Volleyballplätze, die immer gut besucht sind, ansonsten eignet sich die Stadt, da es an Grünflächen mangelt, jedoch wenig für Sport im Freien. Die Wochenenden ver­bringt Urangoo wie viele Menschen aus Ulaanbaatar deswegen gerne im Umland.

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