Frauenrechte | Mexiko

Er sagte, sie

Rohe Gewalt gegen Frauen ist in Mexiko keine Seltenheit. Die Schriftstellerin Gabriela Jauregui hat reale Aussagen von Tätern vor Gericht zu einer erschütternden Anklage montiert. Ein Gedicht
Dekorative Illustration, gestickt

Er sagte, sie habe sich die Treppe
hinuntergestürzt und einen Schuh
als Andenken dagelassen.

Er sagte, sie habe sich
in der Telefonzelle mit dem Hörerkabel stranguliert
und erhängt.

Er sagte, sie sei ausgerutscht,
habe sich den Kopf aufgeschlagen und sei verblutet, nachdem
sie sich im Bad eingeschlossen habe – von außen.

Er sagte, sie habe plötzlich mit
lauter Schnittwunden in seiner
Kammer gestanden. Ich vermute,
sie konnte nicht so gut mit
Messern umgehen, sagte er.

Er sagte, sie habe das Gas am Ofen
angelassen und sich anschließend
selbst die Haare abgeschnitten.

Er sagte, seine beiden
anderen Freundinnen
hätten dasselbe getan.

Er sagte, sie habe sich
selbst ins Gesicht
geschossen – zweimal.

Er sagte, sie habe beschlossen,
nicht länger gegen ihn zu
kämpfen, das Atmen einzustellen,
sagte er. Am Ende sei sie einfach
nur still gewesen. Ganz, ganz still.

Anmerkung der Autorin: Diese Sätze entstammen echten Aussagen, die Tatverdächtige in Femizid-Prozessen in Mexiko vor Gericht gemacht haben. Die Vertreter der Justiz sind einigen dieser Aussagen tatsächlich gefolgt.

Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld