Frauen holen sich Jobs in der Musikindustrie
Frauen und Männer haben einen sehr unterschiedlichen Zugang zu Musik. Davon ist Zakia William Mdemy, Sängerin und Eventmanagerin aus Sansibar, überzeugt: „Wir spielen mit Gefühl“, sagt sie. „Wenn wir singen, sagen unsere Texte viel darüber aus, was wir als Frauen erleben. Und das berührt alle, das Publikum fühlt sich sofort mit der Geschichte verbunden, die wir erzählen.“
Doch das ist nur ein Unterschied zwischen Männern und Frauen. Der andere ist eher praktischer Natur: Für Frauen ist es immer noch deutlich schwerer als für ihre männlichen Kollegen, in der Musikindustrie Fuß zu fassen. Zakia: „Es kostet enorme Kraft, sich als Frau in der Branche durchzusetzen.“
Es dauerte auch ziemlich lange, bis ihr Ehemann akzeptierte, dass sie als Bühnen- und Eventmanagerin arbeitet. Zakia erinnert sich: „Am Anfang sagte mein Mann nur: Und was wird aus den Kindern? Er schrieb mir unendlich viele negative Textnachrichten während der Arbeitszeit.“
„Bislang ist das Business in Afrika noch immer weitgehend ein ,Boys Club‘“
Dass Zakia bald mehr verdiente als er und das Schulgeld für die Kinder bezahlte, machte es zunächst nicht besser. „Viele Männer mögen es nicht, wenn wir erfolgreicher sind als sie“, so Zakia. Erst allmählich kommt ihr Partner mit der Situation zurecht. Zakia verantwortet unterdessen das Marketing von „Sauti Za Busara“ – einem bekannten Festival für afrikanische Musik, das alljährlich im Februar auf Sansibar stattfindet und Musikerinnen fördert.
Afrikanische Popmusik ist in den vergangenen Jahren immer mehr zum Exportschlager geworden – wie zum Beispiel „Calm Down“, der Sommerhit des Jahres 2023 des nigerianischen Sängers Rema im Remix mit Selena Gomez. Kein anderes Afrobeat-Stück wurde jemals so oft vom Streamingdienst Spotify abgerufen.
Die Musikindustrie ist in vielen Regionen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor – und ein interessanter Arbeitgeber für junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren. Doch bislang ist das Business in Afrika noch immer weitgehend ein „Boys Club“.
Ndomzy Chipendo aus Simbabwe arbeitet als Tänzerin und Sängerin. Außerdem ist sie Moderatorin eines lokalen Radiosenders. Sie macht tradierte Rollenbilder dafür verantwortlich, dass Frauen, die hauptberuflich in der Musikbranche arbeiten wollen, vor vielen Schwierigkeiten stehen.
„Unter den Fachkräften in der Ton- und Lichttechnik sind in Afrika nur schätzungsweise zwei Prozent weiblich“
„In erster Linie bist du Mutter, Schwester oder Tochter“, sagt Ndomzy. „Es wird erwartet, dass du den Haushalt machst und dich um die Familie kümmerst. Wenn du danach noch Zeit und Energie hast, kannst du ja deine Show machen. So denken viele Leute.“
Diese Situation wollen Zakia und Ndomzy ändern, so wie viele andere Musikerinnen auch. Getroffen haben sich die beiden Frauen auf dem Musikkongress ACCES, Africa Conference for Collaborations, Exchange and Showcases, in der tansanischen Hauptstadt Daressalam – und zwar als Teilnehmerinnen des „gender@work“-Programms.
Es wird unter anderem vom deutschen Goethe-Institut und der Siemens-Stiftung gefördert und hat zum Ziel, weibliche Fachkräfte im Musik- und Bühnenmanagement aufzubauen.
Das ist auch dringend nötig, denn vor allem hinter der Bühne haben meist die Männer das Sagen. Unter den Fachkräften in der Ton- und Lichttechnik sind in Afrika nur schätzungsweise zwei Prozent weiblich (in Europa sieht es mit einem Anteil von unter zehn Prozent weiblicher Fachkräfte übrigens nicht viel besser aus, wie aus Berechnungen der Organisation „Women in Live Music“ hervorgeht).
Jedes Jahr werden im Programm 14 Teilnehmerinnen in Festivaltechnik, Management, Marketing und Fundraising ausgebildet. Sie lernen, den Bühnenaufbau zu organisieren, für professionelle Soundchecks und Beleuchtung zu sorgen und strikte Ablaufpläne durchzusetzen.
„An uns Frauen kommen sie nicht vorbei. Wir brauchen einander, um gemeinsam zu wachsen“
Diese Professionalität fördert das Selbstbewusstsein. Das war auch das Wichtigste, was Carole Silvio aus Mauritius aus dem Programm mitnehmen konnte. Sie ist eigentlich Lehrerin, arbeitet aber zusätzlich als Bühnenmanagerin – bislang als einzige Frau in einer ansonsten rein männlichen Crew.
„Die Schulung hat mir enorm geholfen, mich da durchzusetzen“, sagt Carole. „Ich habe festgestellt, dass meine beiden Berufe ähnliche Talente von mir fordern. Ich muss klare Ansagen machen, organisieren und mich in einer großen Gruppe durchsetzen können.“
Künstlerin Ndomzy aus Simbabwe glaubt, dass auch die Männer, Musiker wie Techniker von der Professionalität ihrer gut ausgebildeten Kolleginnen profitieren werden: „Sie werden erkennen: An uns Frauen kommen sie nicht vorbei. Wir brauchen einander, um gemeinsam zu wachsen.“
Der nächste ACCES-Kongress ist für November 2024 in der ruandischen Hauptstadt Kigali geplant. Dann werden wieder, wie im letzten Jahr, alle Panels und Konzerte technisch zu hundert Prozent von Frauen betreut. Bislang ein absolutes Novum – übrigens nicht nur in Afrika.