Umfrage | Griechenland

Korruption in Griechenland

Auch im Jahr 2024 halten die meisten Griechen und Griechinnen Korruption für ein großes Problem in ihrem Land. Kein Wunder, meint Journalistin Sofia Kleftaki

98 Prozent der Griechinnen und Griechen halten Korruption im eigenen Land für weit verbreitet*

In einem Staat, in dem fast alles über persönliche Beziehungen läuft, ist diese Zahl kaum verwunderlich. Seit Generationen wird Griechenland von denselben wenigen Familien regiert – beste Voraussetzungen für Vetternwirtschaft und Klientelismus. Trotz strenger Gesetze gegen Korruption und obwohl Griechenland über die letzten Jahre seine Position im Korruptions-Index von Transparency International deutlich verbessert hat, bleibt das Vertrauen der Menschen in den Staat fragil. Einen Arzt, einen Anwalt und einen Steuerberater sollte man idealerweise in seinem engsten Freundeskreis haben, sonst ist man von vornherein im Nachteil. Man kennt sich, man hilft einander und regelt seine Angelegenheiten lieber selbst.

Der tief verwurzelte Wert des „Filotimo“ spielt dabei eine zentrale Rolle: Der griechische Begriff, der sich schwer übersetzen lässt, bedeutet so viel wie Ehre, Stolz, Respekt und Pflichtgefühl gegenüber Bekannten, Freunden und Familie. Das trägt zur Stärkung des sozialen Netzwerks bei, das oftmals als Schutz gegen den als unzuverlässig empfundenen Staat dient. Das Paradoxe dabei: Die Mehrheit der Griechen will trotzdem im öffentlichen Sektor arbeiten.

„Wir haben alle gemeinsam gespeist“

Gegenseitige Gefälligkeiten sind deshalb an der Tagesordnung. Dabei ist weniger entscheidend, über welche tatsächlichen Kompetenzen jemand verfügt, sondern vielmehr wie sein Nachname lautet und wie man eben vernetzt ist. Mit einem guten Kontakt, „vyzma“ kann man schneller an einen höheren Posten kommen oder etwa Einfluss darauf nehmen, wo jemand seinen Wehrdienst ableisten muss. Sich durch ein sogenanntes „fakelaki“, einen Bargeldbetrag im Briefumschlag, einen Vorteil zu verschaffen oder die Erledigung eines Anliegens zu beschleunigen, ist ebenfalls keine Seltenheit. Auf den Punkt gebracht hat diese pathologischen Strukturen der Politiker Theodoros Pangalos, als er während der Finanzkrise mit einem inzwischen berühmten Statement Aufmerksamkeit erregte: „Wir haben alle gemeinsam gespeist“ (Mazi ta fagame). Gemeint war im Grunde: Wir sind alle mitverantwortlich.

*Quelle der Umfrage: Europäische Union, Eurobarometer