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Dunkle Geschäfte

Durch politische Skandale und korrupte Deals hat Malta in Rekordzeit seinen guten Ruf ruiniert

Es ist Nacht. Viele Menschen stehen zusammen. Sie halten die Taschenlampe ihrer Mobiltelefone und Plakate mit einem Frauenporträt in die Höhe.

In der maltesischen Hauptstadt Valetta erinnern Demonstranten an die ermordete Journalistin Daphne Caruna Galizia

Vor drei Jahren löste der Mord an der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia weltweit Entsetzen aus. In Malta selbst sorgte das Attentat per Autobombe für eine Reihe von umfassenden Ermittlungen, an denen sich die Polizei, die Justiz und Journalisten beteiligten. Schritt für Schritt deckten sie dabei ein Netzwerk transnationaler Korruption und unlauterer Geschäfte zwischen Großunternehmern und Politikern auf.

Zum Zeitpunkt ihres Todes hatte Galizia Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit einem Energievertrag untersucht. Offenbar versorgte das maltesisch-deutsch-aserbaidschanische Konsortium Electrogas Malta mit überteuertem Kraftstoff und erhielt dafür Milliardenbeträge. Yorgen Fenech, der Geschäftsführer von Electrogas, steht heute im Zentrum der Galizia-Ermittlungen. Er soll hinter den Kulissen dunkle Geschäfte mit maltesischen Entscheidern gemacht haben. Letztere bestreiten in Gestalt des ehemaligen Energieministers Konrad Mizzi und des Wirtschaftsmagnaten Keith Schembri zwar jegliches Fehlverhalten. Doch sowohl Mizzi als auch Schembri waren Eigentümer eines in Panama ansässigen Unternehmens, das von einer Fenech-Firma in Dubai Schmiergelder erhielt. Dies ist nur eines vieler Beispiele für die korrupten Machenschaften unter dem ehemaligen Premierminister Joseph Muscat.

Mittlerweile untersuchen die maltesischen Behörden neben dem Electrogas-Deal auch einen Vertrag, im Rahmen dessen staatliche Krankenhäuser an ein branchenfremdes Unternehmen verkauft wurden. Kritische Fragen wirft zudem auch ein staatlich subventioniertes Windparkprojekt in Montenegro auf, das Yorgen Fenech während der Amtszeit von Muscat Millionen eingebracht haben soll.

In Malta herrscht die Hoffnung, dass man seine Probleme selbst lösen kann, bevor andere eingreifen

Für Maltas Ruf ist natürlich jede dieser Enthüllungen Gift: In der EU gilt das Land mittlerweile vor allem als Rückzugsort für korrupte Briefkastenfirmen und als Marktplatz für zwielichtige Geschäfte mit despotischen Regimen. Für die Malteser, die sich mit der EU bereits wegen der Seenotrettung von Migranten aus Nordafrika überworfen haben, heißt es deshalb: Zähne zusammenbeißen und beten. Die Hoffnung ist, dass man seine Probleme selbst lösen kann, bevor andere eingreifen.

Wirklich passiert ist in Sachen Antikorruptionskampf bisher allerdings bei Weitem nicht genug. Zwar musste Premier Muscat Anfang 2020 sein Amt niederlegen. Sein Nachfolger Robert Abela hat sich bisher jedoch kaum durch Reformen hervorgetan. Richtig ins Kreuzfeuer geriet allein der maltesische Polizeichef, der Anfang des Jahres seinen Posten räumen musste. Zu groß waren die Versäumnisse bei den Behörden, als dass er sich hätte retten können: Im Nachgang des Galizia-Mordes sah die Polizei sowohl davon ab, gegen hochrangige Regierungsbeamte zu ermitteln, als auch die von der Finanzaufsicht vorgelegten Hinweise auf staatliche Finanzkriminalität weiterzuverfolgen.

Die Strafverfahren gegen Fenech und die Männer, die den Mord an Galizia begangen haben, gehen derweil weiter – ebenso wie eine öffentliche Untersuchung, die feststellen soll, ob und wie der Mord an Galizia hätte verhindert werden können. Klar ist, dass Malta sein Korruptionsproblem noch lange nicht überwunden hat. Im Gegenteil: Die Korruption bleibt Teil der elitären Vetternwirtschaft, über die Galizia so oft schrieb.

Aus dem Englischen von Karola Klatt