Die Unbeugsamen
Was ein altes Plakat über die Menschen auf den Philippinen erzählt

Ein gerahmtes Plakat aus der Zeit der japanischen Besetzung der Philippinen (1942-1945)
Foto: Mookie Katigbak-Lacuesta
Dieses Bild zeigt ein Plakat, das während der kurzen japanischen Besetzung der Philippinen im Zweiten Weltkrieg, 1942 bis 1945, im Umlauf war. Ein philippinischer Mann hält die Landesflagge in der einen und eine Granate in der anderen Hand. Wahrscheinlich hat es meine Großmutter, eine der ersten Journalistinnen auf den Philippinen, während des Krieges in einem der Untergrundbezirke Manilas gesehen. Sie war die Art Mensch, die westlichen Historikerinnen und Historikern widersprochen hätte, die bis heute von der „Befreiung Manilas“ reden. Auch ich spreche, wenn es um den Kampf geht, der 1945 zwischen amerikanischen und japanischen Truppen in unserem Land entbrannte, eher von der „Schlacht um Manila“. Denn mit der japanischen Invasion und der Rückeroberung der Philippinen durch die USA wurde uns, den Kolonialisierten, der Krieg aufgezwungen. Ein Krieg, der schwere Auswirkungen auf unser Land und unsere Hauptstadt hatte, die weitgehend zerstört wurde.
Als Nation haben wir Filipinos schon immer gekämpft. Während der spanischen Kolonialisierung kämpften wir für unsere Freiheit, bei der amerikanischen Besetzung gegen die imperiale Demokratie. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir gegen unsere eigenen Despoten und korrupten Regierungen gekämpft. Wir haben für die Menschenrechte gekämpft, und für unser Recht, unsere Familien ernähren zu können. Schaut man in die Geschichtsbücher, dann stellt man fest: Wir haben nie nicht gekämpft. Auch heute ist das so. Im Jahr 2020 kämpfen wir für die Pressefreiheit.
Erst vor Kurzem wurden auf den Philippinen mehrere Medienhäuser geschlossen – und eine unserer bekanntesten Journalistinnen angeklagt. Maria Ressa, die Mitbegründerin des führenden philippinischen Nachrichtenportals Rappler muss sich wegen ihrer regierungskritischen Berichterstattung wegen „Rufmord und Verleumdung im Internet“ vor Gericht verantworten. Nicht zuletzt deshalb kämpfen wir auch gegen das sogenannte Antiterrorgesetz, mit dem der Staat Regierungskritik zu Terrorismus uminterpretiert hat.
Ich kämpfe für das Recht auf Massentests, die Aufschluss darüber geben, wie es um das Coronavirus in meinem Land bestellt ist
Ich selbst kämpfe für das Recht auf Veröffentlichung dieses kleinen, spontanen Essays, der als regierungskritisch gesehen werden könnte, obwohl er nur offensichtliche Probleme ansprechen will. Ich kämpfe für sichere Lebensmittel, also dafür, dass Gemüse und Fleisch in verdünntem Desinfektionsmittel gewaschen werden, bevor sie mit Spülmittel gereinigt werden. Das bedeutet, jeden fremden Menschen mit einer Maske, einem Visier und OP-Handschuhen zu begrüßen. Ich kämpfe für das Recht auf Massentests, die Aufschluss darüber geben, wie es um das Coronavirus in meinem Land bestellt ist. Immerhin leben die meisten Menschen hier unter der Armutsgrenze und auf engstem Raum. Viele sind nur einen Handschlag oder ein Niesen entfernt vom Tod.
Ich kämpfe auch für mein Recht, nicht als schreibende Frau gesehen zu werden, sondern als Autorin – eine, die genauso gewürdigt wird wie meine männlichen Kollegen. Ich kämpfe für das Recht, keinen der kleinen Übergriffe ertragen zu müssen, denen eine Frau jeden einzelnen Tag ihres Lebens ausgesetzt ist. In diesen einsamen und gefährlichen Tagen kämpfe ich für das Recht, für nichts kämpfen zu müssen.
Aus dem Englischen von Iris Thalhammer
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit LCB diplomatique