Ich bin dafür, dass wir weniger neue Sachen kaufen

Beginnen wir mit den eher offensichtlichen Reizen des Konsums, zum Beispiel mit dem schönen Schein des Neuen. Innovation ist für Unternehmen- überlebenswichtig: Das Alte muss permanent verworfen werden, um Platz für Neues zu machen. 

Und es stimmt, wir lieben neue Dinge. An Konsumgütern lieben wir aber nicht nur das, was sie rein materiell sind, sondern auch ihren symbolischen Wert. Materielle Objekte erzeugen nach der Anthropologin Mary Douglas eine »Sprache der Güter«. Wir benutzen diese Sprache, um uns Geschichten zu erzählen, die zum Beispiel davon handeln, wie bedeutend wir sind. Im Neuen steckt auch eine Hoffnung: das Versprechen einer besseren und schöneren Zukunft für uns und unsere Kinder. Das schönste Versprechen des Konsums ist aber die Verheißung von Unsterblichkeit: ein Paradies auf Erden, in dem es an nichts fehlt.

Die glänzende Oberfläche des Konsumismus zeigt erste Risse mit der Erkenntnis, dass das ganze System auf Angst basiert. Adam Smith sprach von der Sehnsucht nach einem »Leben ohne Scham«. Scham verstärkt die Bedürfnisse von Konsumenten. Zu Lebzeiten von Smith ging es noch um vergleichsweise bescheidene Waren, etwa ein Leinenhemd, »ohne das sich ein Mann nicht in die Öffentlichkeit trauen würde«. Die heutigen Einkaufskörbe fassen viel mehr, und das müssen sie auch, um das System am Laufen zu halten. Schnelle Autos, schnelles Essen, schnelle Mode: Sollten wir uns einmal nicht mehr nach den Errungenschaften der Innovation sehnen, wird die Wirtschaft ins Straucheln geraten, die Arbeitslosigkeit wird steigen und die Lage instabil werden. Genau aus diesem Grund kippt die Angst in grenzenlose Unzufriedenheit um. Der Erfolg der Konsumgesellschaft besteht nicht darin, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, sondern in ihrer grandiosen Fä- higkeit, uns zu enttäuschen.

In der Psychologie beschreibt der Begriff »Nachkaufdissonanz« die Enttäuschung, die man empfindet, wenn die letzte Anschaffung nicht den Erwartungen entspricht. Das klingt vielleicht wie ein seltener Einzelfall, stellt sich bei näherer Betrachtung jedoch als grundlegende Struktur heraus: Unzufriedenheit ist der Motor der Konsumgesellschaft. Das ist weniger eine rhetorische Phrase als vielmehr die Logik des Systems.

Für mich ist das keine düstere Schlussfolgerung. Diese Logik ist der Ausgangspunkt, um zu verstehen, warum der Konsumismus letztendlich scheitern muss – und wie er zu ersetzen ist. Von hier aus können wir über die Lehre des unaufhaltsamen Wachstums hinausgehen und eine Suffizienzwirtschaft begründen. Von hier aus können wir verstehen, dass sich die Wirtschaft von morgen nicht um Mangel und Entbehrung dreht, sondern reich an der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ist. Jenseits des Konsumismus liegt eine genügsame Gesellschaft. Jenseits der unvermeidlichen Enttäuschung ist Zufriedenheit möglich. 

Aus dem Englischen von Karola Klatt