Let’s own the news

In Großbritannien beherrschen wenige große Konzerne die Medienlandschaft. Bürgeriniativen kämpfen nun für mehr Transparenz und gegen Monopole

Die britische Regierung startete am 12. August dieses Jahres einen gefährlichen militärischen Einsatz im Irak gegen die ISIS-Rebellen. Der Daily Star trieb seine Verkaufszahlen jedoch mit der Enthüllung einer Bewohnerin des "Big-Brother"-Containers in die Hohe, die auf der Titelseite verkündete, sie habe "Sex der anderen Art mit einem Fernsehschauspieler" gehabt. Das Lieblingsthema dieser auflagenstarken britischen Boulevardzeitung ist "Big Brother". Das wundert wenig: Die Zeitung gehört Richard Desmond, einem Medienmogul, der neben zwei nicht jugendfreien Fernsehkanälen noch den Daily Express und den Fernsehsender Channel 5 sein Eigen nennt. Das Aushängeschild von Channel 5 ist "Big Brother".

Dieses Muster aus gegenseitigen Interessen und Eigentumsverflechtungen ist allen britischen Zeitungslesern bekannt. Unsere Medien werden zum größten Teil von einer Oligarchenminderheit kontrolliert. Der Journalist und Autor Owen Jones, der gerade erst den Independent verlassen hat - der wiederum zusammen mit dem Evening Standard und dem Fernsehsender London Live dem russischen Millionar Evgeny Lebedev gehört -, bezeugte vor Kurzem, dass sich Journalisten in der britischen Medienlandschaft dazu gezwungen sehen, das kleinere Übel zu wählen. "Eigentlich ist es wie eine Monarchie, denn du kannst ebenso wohlwollende wie erbarmungslose Chefs haben", sagte er. "Beim Independent fühlte ich mich glücklicherweise nie zensiert oder angegriffen."

Siebzig Prozent aller Zeitungen in Großbritannien gehören laut einer Untersuchung des Goldsmiths College der University of London nur drei Unternehmen. Das sind Trinity Mirror, Daily Mail General Trust und Murdochs News UK. Rupert Murdochs Einfluss fühlt man in Großbritannien vielleicht am meisten. Er kontrolliert nicht nur die Times, die Sunday Times, die Sun und die Sun on Sunday; er besitzt auch einen Anteil von 39 Prozent an dem hoch profitablen Fernsehunternehmen BskyB.

Im Sommer 2011 brachte der Guardian eine Geschichte an die Öffentlichkeit, in die Rupert Murdoch, der damalige Besitzer von News of the World, verwickelt war. Der Journalist Nick Davies fand heraus, dass die Boulevardzeitung News of the World über sechseinhalb Jahre lang Tausende von Privathandys gehackt hatte, während mehrere Regierungen und Polizeichefs davon wussten. Der Vorfall führte letztlich zur Schließung der Zeitung und stellte auch eine ernsthafte Bedrohung fur die britische Zweigstelle von Murdochs Medienimperium dar.

Drei Jahre nach diesem Skandal und nachdem Murdochs Unternehmen zahlreiche Strafverfahren und öffentliche Untersuchungen überstanden hat, strotzt es nun wieder vor Gesundheit. In einem Interview für die Zeitschrift Vice im August 2014 versuchte Nick Davies dennoch nicht allzu frustriert zu klingen: "Es hat einfach keinen Zweck, sich über das, was passiert ist, den Kopf zu zerbrechen", sagte er. "Du nimmst einfach deinen Platz in diesem Gefüge ein."

Gegen diesen Fatalismus artikuliert sich neuerdings Widerstand aus der Zivilgesellschaft: Immer mehr Organisationen und Initiativen engagieren sich für eine Abkehr von der aktuellen Mediengesetzgebung. Die Media Reform Coalition hat seit 2011 bereits viel Stimmen für eine größere Medienvielfalt gewinnen können. Sie wird von dem Schauspieler Hugh Grant und mehreren journalistischen Organisationen, darunter die National Union of Journalists, unterstützt. Die Media Reform Coalition, die am Goldsmiths College angesiedelt ist, fordert Kontrollen, um den Medienbesitz zu regulieren und zu beschränken. Außerdem mochte sie die Presse verpflichten, dem "öffentlichen Interesse" zu dienen. So soll eine strikte Trennung von Eigentümern und der jeweiligen Redaktion in den Newsrooms sichergestellt werden. Die Koalition will auch die Einführung einer öffentlichen Medienstiftung durchsetzen. Diese soll Gelder verwalten, die aus einer Vereinbarung zwischen Google und verschiedenen Medien hervorgegangen sind, um alternative Publikationen und lokalen Journalismus zu fördern.

Kürzlich hat noch eine andere Gruppe namens Let's Own the News Schlagzeilen gemacht, indem sie die Times und die Sunday Times durch Crowdfunding erwerben wollte. News UK bestand allerdings darauf, dass die Unternehmen nicht zum Verkauf stünden.

Von der konservativen Presse, die den britischen Markt dominiert, wird jeder Vorschlag, Nachrichten staatlich finanzieren oder regulieren zu wollen, unmittelbar in Grund und Boden geschrieben. Der Kolumnist des Daily Telegraph unterstellte der Media Reform Coalition sogar, sie sei Teil einer Verschwörung der Europäischen Union, um die britische Medienlandschaft nach links zu rücken. Im Vereinten Königreich unternimmt die Presse bislang alles in ihrer Macht Stehende, um eine Regulierung der Medien und deren Besitz in Großbritannien zu verhindern. Aber es liegen dennoch Veränderung in der Luft. Britische Spitzenpolitiker haben bereits angedeutet, zumindest eine Obergrenze einfuhren zu wollen, die den Medienbesitz von Zeitungen, Radio- und Fernsehprogrammen und Webseiten auf einen Anteil von 15 Prozent beschränken soll.

Aus dem Englischen von Jan Weber