Umstrittene indische Antilope

Der indische Autor Kumar Prashant über das Nilgau, die größte asiatische Antilopenart, die in Indien nicht nur Freunde hat

Die Illustration zeigt eine Antilope mit kleinen Hörnern und langen Ohren im Sprung.

Am Anfang war die Welt ein großes Etwas, das sich entzweite: in einen männlichen und einen weiblichen Teil, so heißt es in hinduistischen Mythen. Die beiden Teile verwandelten sich der Reihe nach in alle heute existierenden Lebewesen. In jeder Gestalt kopulierten sie und füllten so die Welt mit Leben. Als letzte Transformation entstand das Nilgau. Die Männchen sind graublau, die Weibchen rotbraun. Aus dem Hindi übersetzt bedeutet ihr Name »blaue Kuh«. Kühe sind die heiligsten Tiere des Hinduismus, darum gelten auch ihre Namensvettern als unantastbar. Dabei sind Nilgaus eigentlich gar keine Kühe, sondern die größte Antilopenart Asiens. Sie sind sehr scheu, verursachen aber enorme Schäden, wenn sie durch die Felder der Bauern ziehen.

Darum kam es häufig zu Demonstrationen wütender Bauern in den landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten wie Bihar. Sie fühlten sich beim Schutz ihrer Felder alleingelassen. In einigen Staaten wurde daraufhin erlaubt, die Tiere zu jagen. Doch weil sie vielen als heilig galten, folgte kaum jemand der Aufforderung. Erst, als die Regierung die Tiere vor zwei Jahren von »Nilgau« in »Rojad« umbenannte, änderte sich die Lage. Nun sind sie zumindest dem Namen nach nicht mehr den Kühen zuzuordnen. Trotz aller Kontroversen hat der Staat Delhi das Nilgau nun zum Wappentier ernannt. Und auf dem Campus der Universität sieht man in den frühen Morgenstunden Nilgaus friedlich zwischen den Bäumen herumstreifen. 

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