Das ärmste Land, das reichste Land

Putins Planspiele

Früher war Zentralafrika der Spielball westlicher Kolonialmächte. Heute versucht vor allem der Kreml, sich politischen Einfluss zu verschaffen

Im Oktober 2017 fand in Sotschi am Schwarzen Meer ein Treffen statt, das medial kaum Beachtung fand. Dabei war die Zusammenkunft des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit dem Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik Faustin Archange Touadéra alles andere als alltäglich.

Das russische Außenministerium hielt sich nach dem Treffen mit Statements bedeckt. Man strebe eine »praktische Kooperation« an und wolle »das erhebliche Potenzial ausloten, das eine Partnerschaft zur Erkundung von Bodenschätzen bietet«. Tatsächlich sagte Lawrow Touadéra zu, bis zum Jahresende russische Militärausbilder und leichte Waffen in die Zentralafrikanische Republik zu schicken. Russlands Entscheidung, sich politisch in das vom anhaltenden Bürgerkrieg gebeutelte Land einzumischen, passt zur russischen Afrika-Strategie: Präsident Putin hofft, durch die militärische, technologische und wirtschaftliche Unterstützung afrikanischer Staaten, Einfluss auf den vom Westen vernachlässigten Kontinent zu nehmen und sich neben China als zweite Auslandsmacht in Afrika zu etablieren

 Nicht nur mit der Zentralafrikanischen Republik, sondern auch mit der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Guinea und Mosambik hat Russland in diesem Jahr militärische Kooperationsvereinbarungen geschlossen. Während die Trump-Regierung das amerikanische Engagement in Übersee zurückfährt, schließt Moskau ständig neue bilaterale Abkommen mit afrikanischen Regierungen. Erst vor Kurzem verständigte man sich mit Ägypten auf einen Waffendeal im Wert von 3,5 Milliarden Dollar. Und auch für denBau von neuen ägyptischen Atomkraftwerken sicherten sich zuletzt russische Firmen den Zuschlag. Vereinbarungen über Rüstungsgeschäfte, Energie- und Bergbauprojekte wurden in der jüngeren Vergangenheit auch mit Libyen, dem Sudan, Angola, Namibia und Simbabwe getroffen.

Die Zentralafrikanische Republik hat in der russischen Strategie jedoch eine Sonderstellung. Nicht nur die reichen Diamant- und Uranvorkommen des Landes machen es für Moskau interessant. Auch die Tatsache, dass dort seit Jahren politische Instabilität herrscht, kommt dem Kreml entgegen. Das machtpolitische Vakuum erleichtert die russische Einmischung. Moskaus Engagement ist dabei schon längst viel intensiver als gemeinhin angenommen. Ein russischer Sicherheitsberater steht bereits in Präsident Touadéras Diensten und Berichten zufolge verkehren im ganzen Land russische Militärkonvois. In Grenzgebieten sollen Moskaus Militärs Seite an Seite mit zentralafrikanischen Streitkräften patrouillieren und gar russische Offiziere mit Rebellenführern verhandeln. Vielerorts sind vermutlich auch Söldner der mit dem Kreml vernetzten privaten Sicherheitsfirma Wagner im Einsatz. Diese unterstützte bei früheren Kreml-Geheimoperationen bereits militante Separatisten in der Ostukraine und syrische Regierungstruppen.

Dass ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates in Afrika Präsenz zeigt, ist kein Novum. Frankreich und Großbritannien profitieren seit jeher von engen Beziehungen zu ihren ehemaligen Kolonien – und auch die USA haben seit dem Kalten Krieg große Truppenkontingente in Afrika stationiert. China hat ohnehin längst auf dem Kontinent Fuß gefasst. Ob mit der neuen russischen Einmischung nun eine Großmacht zu viel in Afrika involviert ist und welche Konflikte sich daraus ergeben könnten, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass die russische Intervention, bei der nicht das Wohl der Zentralafrikanischen Republik, sondern Russlands Machtfantasien im Vordergrund stehen, wohl nur zu noch mehr Chaos in der Region führen wird.

Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld