Ein Land versinkt in Gewalt
Arm sein trotz Reichtum – in der Zentralafrikanischen Republik ist das seit Jahrzehnten die paradoxe Realität. Wie wurde das Land zum ärmsten der Welt, trotz Rohstoffen wie Gold, Diamanten und Uranium?

Morning fog over the Ubangi. The river forms the border between the Central African Republic and the Democratic Republic of Congo
Herr Daniels, zwischen 2013 und 2016 haben Sie die Zentralafrikanische Republik zehnmal bereist. Woher rührt dieses Interesse?
Ich arbeite meist an Langzeitprojekten und reise über Jahre an Orte, die von Instabilität geprägt sind. Im Zentrum meiner Arbeit in der Zentralafrikanischen Republik stand seit 2013 die aktuelle Berichterstattung über den Staats- streich. Aber nach einer Weile wollte ich einen tieferen Einblick: Wie konnte dieses Land so schnell und so tief in Gewalt versinken? Daher begann ich mich auch mit der Wirtschaft, der Bildung und der Armut zu befassen. Ich fotografierte in den Minen und machte persönlichere Bilder.
Wie nahmen Sie die Armut dort wahr?
Sie ist erschütternd und riesig. Sie nimmt einen sehr mit. Die Situation heute ist schlimmer als vor zwei Jahren. Irgendwann fragt man sich, ob die eigene Arbeit, die Krisenberichterstattung, überhaupt hilft. Das Land ist so sehr in Armut gefangen, in mangelnder Bildung. Letzteres ist entscheidend, denn je weniger gebildet die Menschen sind, desto leichter lassen sie sich von irgendwelchen Milizen anheuern, die dann Probleme machen.
Was fasziniert Sie an der Zentralafrikanischen Republik?
Die Menschen sind sehr widerstandsfähig. Selbst im Chaos behalten sie sich ihren Humor. Das hat mich sehr berührt. Das Land hat so viele Ressourcen, aber es ist nicht in der Lage, sie zu nutzen, denn dieser Reichtum ist ja einer der Gründe für die vielen Konflikte und die Instabilität. »Ein vergiftetes Geschenk«, wie wir in Frankreich sagen.
Das Interview führte Rosa Gosch