Grüne Visionen
Der ehemalige Umweltberater von Barack Obama lässt in den Niederlanden ein Hightech-Dorf bauen

Im Einklang mit der Natur: Konzeptzeichnung des ReGen-Dorfes, das derzeit in der Nähe von Amsterdam gebaut wird. Zeichnung: Except Integrated Sustainability
Vielleicht ist es die Corona-Pandemie, die der Idee des US-amerikanischen Erfinders James Ehrlich gerade den entscheidenden Schub verleiht. Denn wer will sich in Zukunft noch in ein großstädtisches Büro setzen, wenn dort die Ansteckung droht? Dann doch lieber ein Haus außerhalb des Zentrums, eine grüne Insel als Rückzugsort, ein Haus in »ReGen Village«, dem regenerativen Dorf.
Mit 203 Häusern soll ReGen Village bis Ende 2020 auf einem 25 Hektar großen Gelände in der Nähe von Amsterdam gebaut. Dort sollen sich die Menschen mit Wasser, Strom und gesunder Nahrung selbst versorgen. »Wir wollen eine Permakultur-Architektur«, sagt Ehrlich, der früher als Umweltberater für US-Präsident Barack Obama arbeitete: »Bevor wir die Häuser bauen, installieren wir unterirdische Wasserzisternen – und pflanzen alte Obstbaumsorten sowie Beerensträucher und Gewürze an.« Jedes Heim verfügt über ein Gewächshaus. Der Strom stammt aus Solarkraft und wer will, züchtet Nutztiere. Deren Mist wird später als Dünger verwendet. In gewisser Weise eine Rückkehr in alte mitteleuropäische Kulturlandschaften. Mit dem kleinen Unterschied, dass die modernen Naturhäuser mehr als 200.000 Euro kosten sollen.
Dafür hagelt es bereits vor Vollendung der Bauarbeiten Kritik. Zum Beispiel von J. Alexander Schmidt, der als Professor für Stadtplanung und Städtebau an der Universität Duisburg-Essen forscht. »Die Deurbanisierung ist natürlich ein Thema«, so Schmidt. »Alle wissen, wie ungesund und psychisch belastend Städte sein können.« Es sei allerdings fragwürdig, »ob solche elitären Dörfer am Ende wirklich helfen.«
Trotzdem scheint es bisher so, als würde Ehrlichs Projekt viel Anklang finden. Schon heute gibt es in den Niederlanden Absichtserklärungen für den Bau weiterer Kolonien, die später zu einem »grünen Band« verbunden werden sollen. Und auch in Dänemark werden in der Nähe der Stadt Lund schon ReGen Villages geplant.
Sollten diese Dörfer wirklich schon in den kommenden Jahren bezogen werden, dann könnten sie, trotz aller Bedenken, den Weg in eine grünere Zukunft ebnen – und das sogar im Fall ihres Scheiterns. Denn selbst der Kritiker Schmidt gibt zu: »Modelldörfer waren in der Vergangenheit immer wieder reizvoll, um zu testen, was geht und ob es überhaupt geht.«