Zwischen Aprikosen- und Mandelbäumen

1907 schloss Howard Baskerville sein Studium der Religion an der Princeton University ab. Im Herbst desselben Jahres kam er als Lehrer an die »American Memorial School« in Tabris im Iran.

Die Schule war 1891 von protestantischen US-Missionaren gegründet worden. Howard Baskerville lehrte Geschichte, Englisch und Geometrie in den gemischten Klassen, wo Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden. Der junge Amerikaner unterstützte bald die konstitutionelle Revolution, die für eine parlamentarische Demokratie kämpfte. Da er in Amerika Wehrdienst geleistet und eine militärische Ausbildung genossen hatte, bot er sich als Ausbilder für die Freiheitskämpfer an und gründete mit 150 Mann die Befreiungsgruppe Foudsch-e Nedschat. Eines Tages besuchte ihn der amerikanische Konsul: »Ich bin verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, dass Sie als amerikanischer Bürger nicht das Recht haben, sich in die inneren Angelegenheiten des Irans einzumischen. Sie sind als Lehrer hier und nicht als Revolutionär.« Baskerville soll ihm geantwortet haben: »Der einzige Unterschied zwischen diesen Menschen und mir ist unser Geburtsort , und das ist kein großer Unterschied.«

Als russische Kosaken, vom König angeheuert, Tabris belagerten und sie aushungerten, spitzte sich die Lage zu. Sattar Chan, der Führer der Revolution, rief aus: »Wir fressen Gras, aber wir ergeben uns nicht.« Baskerville konnte nicht mehr tatenlos zusehen und griff die russische Kosakenbrigade an. Am 19. April 1909, neun Tage nach seinem 24 . Geburtstag, wurde er im Kampf von einer Kugel getroffen. Er kämpfte unter dem direkten Befehl von Sattar Chan, dem Nationalhelden, der in Iran ebenso viel Ansehen genießt wie General Washington in Amerika. Tausende säumten trauernd die Straßen, als Baskervilles Sarg zum armenischen Friedhof getragen wurde. Sein einfaches Grab liegt in einem kleinen Hof zwischen Aprikosen- und Mandelbäumen. Hier sprach Hassan Taghizadeh, einer der Führer der Revolution: »Das junge Amerika, der junge Baskerville, hat für die junge iranische Verfassung ein Opfer gebracht.« Die Frauen von Tabris webten einen Teppich mit seinem Konter fei und schickten ihn an seine Mutter in die USA – mitsamt seinem Gewehr, das in eine iranische Fahne eingewickelt war. Fünf Tage nach Baskervilles Begräbnis bekamen seine Eltern in Minnesota ein Telegramm von Sattar Chan: »Iran trauert um den Verlust ihres Sohnes, der für die Freiheit gestorben ist. Wir schwören, dass sein Andenken in Iran zukünftig geehrt und bewahrt wird.«

Professor Thomas M. Ricks diente in den 1980er-Jahren als Freiwilliger des Friedenskorps in Iran. Er besuchte oft das Grab Baskervilles in Tabris, zu einer Zeit, als der Antiamerikanismus dort auf dem Höhepunkt war. Er bezeugte: »Das Grab war immer von gelben Rosen bedeckt. Aufgrund des politischen Klimas gaben natürlich alle vor, keine Ahnung zu haben, wer die Blumen dort hingelegt hatte.«