Ein Laden, ein Buch
Ein japanischer Buchhändler hat nur ein einziges Buch pro Woche im Angebot – und schafft so eine neue Form der Begegnung
Mein Buchladen hat ein recht ungewöhnliches Konzept: Wir führen nur einen einzigen Titel, der sich wöchentlich ändert. Der wird dann im Schaufenster ausgestellt. Im Laden selbst steht ein Tisch, auf dem mehrere Exemplare des Titels gestapelt sind, Bücherregale gibt es keine. Jede Woche veranstalten wir eine Ausstellung, die in Bezug zu dem Buch steht. Als wir den Bildband „Fish-Man“ von Masaru Tatsuki vorgestellt haben, der Fotos von einem vom Tsunami betroffenen Dorf zeigt, hatten wir ein Fischernetz, Anglerstiefel und einen Regenmantel im Raum. Wir wollten den Geruch des Hafens herstellen. Dabei ist mir wichtig, dass die Autoren und Herausgeber des Buches selbst bei den Veranstaltungen zugegen sind. So kann eine reichhaltige Kommunikation zwischen ihnen, den Kunden und dem Werk selbst entstehen.
Die Idee dazu kam mir in meinem vorherigen Buchladen, als ich gesehen habe, wie viele Kunden zu einer Veranstaltung wegen eines einzigen Buches kamen. Vielleicht brauchte ich die anderen Bücher gar nicht. Das Konzept ist einer japanischen Teezeremonie nachempfunden. Dem Prinzip des Minimalismus folgend, versuchen wir hier alles Überflüssige wegzulassen. Wenn Kunden in mein Geschäft kommen, bedeutet das, dass sie direkt in das Werk eintreten. Das zweidimensionale Buch wird auf eine dreidimensionale Ebene gehoben. Vor allem aber ist mir wichtig, zuvor mit den Autoren und Herausgebern persönlich zu sprechen und mehr über ihre Begeisterung für ihr Buch zu erfahren. Letztendlich verkaufe ich nur das, was ich selbst gerne mag.
Anfangs dachte ich noch, der Laden könnte ein Zeichen gegen den Trend zur Digitalisierung sein, indem er sich auf dieses eine Objekt konzentriert. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass das so nicht stimmt: Viele machen durch ihre Posts bei Facebook und Twitter auf uns aufmerksam.
Trotz meiner Philosophie muss ich auch an den Umsatz denken. Bisher läuft es ganz gut. Wie lange das noch so weitergeht, weiß ich nicht. Ich gebe zu, es ist ein gewagter Versuch. Aber ich würde mir wünschen, irgendwann vielleicht mein Konzept in anderen Städten wie Berlin oder New York vorzustellen, wenn auch nur für kurze Zeit.
Protokolliert von Tanja Kunesch
Dolmetscherin: Keiko Hamazaki