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Was Flutwellen und versalzenes Grundwasser mit unserer Insel machen

Ich wohne auf Tarawa, der Hauptinsel Kiribatis (gesprochen Kiribash), einer kleinen Inselnation, die sich nordöstlich von Australien im Pazifischen Ozean erstreckt. Langsam, aber sicher versinkt meine Heimat im Meer. Manche Leute hier glauben nicht an die Erzählung, dass der Klimawandel der Grund für unseren Untergang ist und dass wir in fünfzig bis hundert Jahren verschwunden sein werden. Doch die Veränderungen sind spürbar.

Früher war unser Haus ungefähr achtzig Meter vom Strand entfernt. Jetzt kommt das Meer bei Flut regelmäßig an unser Grundstück heran. Vor zwei Jahren floss es sogar in das Haus hinein. Manche der Häuser an der Küste liegen etwas weiter oben. Wenn die Flut viel höher ist als gewöhnlich müssen auch diese Bewohner ihre Häuser für ein paar Tage verlassen und bei Verwandten von der Küste entfernt unterkommen. Sie kehren zurück, wenn sich das Wasser zurückgezogen hat.

Auf unseren Inseln wird traditionell Taro angepflanzt, ein beliebtes Knollengemüse. Es ist jedoch schwieriger geworden, die Pflanzen zu kultivieren. Die Salzwasserablagerungen der Flutwellen sickern in das Grundwasser hinein, der Boden taugt nicht mehr zum Anbau. Trinken kann man unser Grundwasser nur noch an sehr wenigen Orten. Als Trinkwasser dient entweder abgekochtes Wasser aus dem Hahn oder Regenwasser, das wir zu Hause in einem Tank auffangen. Hin und wieder kommen Nachbarn und bitten uns um etwas Wasser, nicht jeder hat einen solchen Tank.

Unter diesen Umständen wollen viele Menschen hier nicht mehr leben. Die meisten wollen nach Neuseeland oder Australien. Eine meiner Töchter lebt in Neuseeland. Oft bittet sie mich und meinen Mann und unsere anderen Kinder, hier wegzugehen. Ich sage dann immer: „Wir sind alte Leute, wir müssen hier nicht mehr weg. Und wenn doch zu viel Wasser kommt, steigen wir eben auf ein Boot.“ Die Menschen von Kiribati sind glückliche Leute, einige machen sich keine großen Sorgen um die Zukunft. Ein Blick vor unser Haus würde ihnen vielleicht genügen. Dort hat das Wasser die Bäume umgeknickt.

Protokolliert von Fabian Ebeling