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Die Indigenen im peruanischen Amazonasgebiet würden auch gerne am Aufschwung ihres Landes teilhaben

"Amazonien ist nicht Avatar" war der Titel eines 2011 erschienenen UNO-Berichts über die Situation der indigenen Völker in Peru. Darin widersprach der peruanische Wirtschaftswissenschaftler Hernándo de Soto dem weitverbreiteten Bild, dass die Indigenen im Amazonas sich nicht in die Gesellschaft integrieren wollen. Das Gegenteil sei der Fall: Viele Indigene bleiben außen vor. Denn während Perus Wirtschaft seit mehr als zehn Jahren boomt, haben einige Regionen des Landes vom Aufschwung wenig profitiert.

Vor allem in der Amazonasregion fehlt es an Infrastruktur, Bildungseinrichtungen und Arbeitsplätzen. Immer mehr Vertreter von Indigenen im Amazonasbecken fordern deshalb stärkere Anstrengungen des peruanischen Staats, ihre Gebiete an der Weiterentwicklung und der nationalen Ökonomie teilhaben zu lassen. Einer von ihnen ist Rubén Robledo Medina.Robledo Medina ist 27 Jahre alt und gehört zum Volk der Muruy. Groß geworden ist er in der indigenen Gemeinschaft Maridicai in der Nähe von El Estrecho. Die kleine Stadt an den Ufern des Putamayo erreicht man selbst heute noch nur per Boot oder Flugzeug.

Robledo Medina verließ sein Heimatdorf an der kolumbianischen Grenze schon nach der Grundschule. Er wollte seine Ausbildung durch den Besuch einer weiterführenden Schule in Iquitos, der Provinzhauptstadt, verbessern und sich dann auf einen Studienplatz an der hiesigen Universität bewerben.So wie Robledo Medina ziehen viele junge Menschen indigener Gemeinschaften des Amazonasgebiets in größere Städte, in der Hoffnung, einen Schul- oder Universitätsabschluss zu erlangen, der ihnen den Zugang zum peruanischen Arbeitsmarkt erleichtern würde. Die Jungen wollen nicht mehr in ihren Dörfern mit traditionellen Arbeitsweisen und Gemeinschaftsformen leben.

"Jede Gesellschaft, jede Kultur entwickelt sich weiter", erklärt Robledo Medina, "unsere Kinder werden wieder andere Ziele haben als wir. Unsere Eltern waren Kleinbauern, wir wollen etwas Größeres." Robledo Medina hat in Iquitos zunächst Tourismus studiert. Er hatte das Ziel, in der Branche zu arbeiten oder selbst ein Tourismus-Unternehmen zu gründen. Heute weiß er, wie schwierig es ist, im Amazonasgebiet Unternehmer zu werden. Für viele Muruy, erzählt Robledo Medina, stelle es ein nahezu unmögliches Abenteuer dar, in ihrem Heimatort El Estrecho einen Betrieb zu gründen. "Es hat Versuche gegeben, kommunale Unternehmen zu gründen, aber ohne Erfolg, denn es gab keine Schulungsmaßnahmen, welche die indigene Bevölkerung zur Leitung von Unternehmen befähigt hätten."Aber es fehlt nicht nur an Fachwissen: "In El Estrecho gibt es keinen Notar, um ein Unternehmen zu beglaubigen, kein öffentliches Eintragungsregister, kein Finanzamt. Wir müssen für alles nach Iquitos."

Allein die Bootsfahrt auf dem Fluss von El Estrecho nach Iquitos dauert zwischen 15 und 25 Tagen und kos­tet hin und zurück umgerechnet 100 Euro. "Hinzu kommt noch die Zeit, die wir für die bürokratischen Belange brauchen, und das Geld, das es kostet, ein Unternehmen zu gründen", ergänzt er. Robledo Medina rechnet vor, dass man insgesamt gut 500 Euro dafür bezahlen muss - das ist viel Geld für Menschen aus seiner Region, die als extrem arm gilt.Robledo Medina selbst hat nach ein paar Jahren, kurz vor dem Abschluss, sein Tourismusstudium abgebrochen. Es sei ihm irgendwann klar geworden, erzählt er, dass es wichtiger sei, sich für die Rechte der indigenen Kommunen einzusetzen, als den lokalen Tourismus voranzubringen.

Er wechselte sein Fach und studiert jetzt Jura und Politikwissenschaften.Die Marginalisierung der Indigenen und die fehlenden staatlichen Investitionen in ihren Gebieten sieht Robledo Medina als Hauptgründe an, warum die Entwicklung stagniert. Zur Stärkung der Rechte der indigenen Völker hat er einen Verein gegründet. Die Organisation Curusini bietet Rechtsberatung und Fortbildungen an. Robledo Medina und seine Mitstreiter wollen auch das Bild, das viele Peruaner an der Küste von den Indigenen haben, verändern und zeigen, dass sie ihr Leben und ihr Wirtschaften mit dem Rest des Landes verbinden wollen.

Aus dem Spanischen von Margarita Ruby