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In der Welt zu Hause

Im indischen Mahindra lernen 240 Schülerinnen und Schüler aus achtzig Nationen

Acht junge Menschen arbeiten in meist gebückter Haltung in einem Garten, der mit Gemüse bepflanzt ist.

Im Garten des UWC Mahindra College in Indien pflanzen Schülerinnen und Schüler Gemüse an

Auf einem nebligen Hochplateau vierzig Kilometer von der westindischen Stadt Pune entfernt liegt der weitläufige Campus des Mahindra United World College of India (MUWCI). Er schmiegt sich an die Westghats, eine weithin mit tropischem Regenwald bewachsene Bergkette, die eine außerordentliche Vielfalt an Arten beheimatet und UNESCO-Weltnaturerbe ist. Weit weg vom Treiben der Stadt lernen an diesem Internat 240 Schüler aus achtzig Nationen für das International Baccalaureate, eine internationale Hochschulzugangsberechtigung.

Die ökologische Bedeutung des Standorts inspirierte das College im Jahr 2006, auf seinem Campus einen Naturpark und ein Schutzgebiet für Biodiversität einzurichten. Die Aussicht, in einem Naturreservat zu lernen, spricht viele Schüler an, so auch Seemole Moloto, eine Schülerin aus Südafrika. »Ich habe noch nie in Asien gelebt und wollte etwas Neues ausprobieren. Mir gefiel die Idee, dass ich hier ganz bewusst mit Nachhaltigkeit zu tun haben würde«, sagt sie. Das MUWCI wurde 1997 gegründet und ist eines von 18 United World Colleges (UWC), einer »globalen Bildungsbewegung«, die im Jahr 1962 vom deutschen Pädagogen Kurt Hahn ins Leben gerufen wurde.

Vom 170 Hektar großen Campus blickt man auf die Täler der Flüsse Mulshi und Kolwan. Die spektakuläre Aussicht bildet eine idyllische Kulisse für die Schüler. Auf Wanderungen, Radtouren und beim Sport im Freien erkunden sie die Natur rund um den Campus. In den Dörfern der Täler finden sie viele Möglichkeiten für ihre gemeinnützigen Projekte und den Austausch mit den Dorfbewohnern. In einem der Dörfer etwa klärt Jenna Stallard aus Neuseeland die Bewohnerinnen über Monatshygiene auf.

Vielfalt und kritisches Denken sind wichtige Aspekte des Schullebens

Lebenspraktischer Unterricht findet auch in den Räumen des »Wada« statt, so heißt in der lokalen Sprache der Aufenthaltsbereich der Schule. Lehrpersonal aus acht Ländern begleiten die Schüler als Berater und »Wada-Eltern«. In den Zimmern werden bewusst Schüler aus unterschiedlichen Ländern untergebracht. »Manchmal funktioniert es gut, manchmal geht es schief«, sagt Aparna Ramchandran, Lehrerin für Psychologie und verantwortlich für die schulische Gemeinschaft. Die Schüler werden ermutigt, sich auszutauschen und gemeinsam zu kochen. Das Lernen von anderen Kulturen sei Teil der Ausbildung der Jugendlichen, erklärt Ramchandran, vor allem wenn es darum geht, Konflikte zu lösen.

Rückmeldungen von Schülern an die Lehrer gehörten beim Umgang mit Problemen zur gängigen Praxis am College, sagt die indische Schülerin Uditi Chandrashekhar. Vielfalt und kritisches Denken sind wichtige Aspekte des Schullebens. Herkunft, Privilegien, Klassenzugehörigkeit, Politik, Elitismus, Gender-Themen sowie Unterschiede in kulturellen Werten werden offen diskutiert. Chandrashekhar fügt hinzu: »Man lernt, Argumente und Meinungsverschiedenheiten nicht persönlich zu nehmen.«

Die Schule wählt ihre Schüler unter anderem auch nach wirtschaftlichen Kriterien aus. Dennoch sei die Ausbildung hier nicht elitär. »Wir müssen uns aber eingestehen, dass hier zu sein bedeutet, privilegiert zu sein. Darüber und wie ich meine Privilegien nutzen kann, denke ich viel nach«, sagt Lena Schwerdtfeger aus Deutschland. Vielleicht sind diese Überlegungen schon die Basis für eine gute Bildung.

Aus dem Englischen von Karola Klatt