Unterm Tennisröckchen
Bisher wurden Sportlerinnen vor allem wahrgenommen, wenn sie ihre Erotik ins Spiel brachten. Das ändert sich langsam
Die Sportberichterstattung konzentriert sich weltweit auf einige ausgewählte Männersportarten. Während in Europa der Fußball regiert, sind in den USA American Football, Baseball und Basketball Publikumsmagneten. Eine Analyse der Berichterstattung aus mehr als zwanzig Ländern über die Olympischen Sommerspiele in Sydney im Jahr 2000 ergab, dass den Athletinnen nur halb so viele Artikel gewidmet wurden wie ihren männlichen Kollegen. Eine andere Studie, die TV-Sportshows von 1989 bis 2009 in den USA untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass Frauen sogar nur in 1,6 Prozent der Sendungen vorkamen.
Die wenigen Berichte über Frauensport sind in der Regel auf Individualsportarten wie Tennis oder Skifahren reduziert. Und häufig neigen die Medien dazu, Sportlerinnen zu sexualisieren. Die Bildzeitung produzierte beispielsweise während der Frauenfußball-WM 2011 einen Kalender mit den „schönsten Spielerinnen“. 2013 veröffentlichte der Playboy Nacktfotos der deutschen Wintersportlerinnen Melanie Faist, Isabella Laböck und Sabrina Weilharter. Sogar Sportverbände versuchen, die Erotik der Athletinnen für sich auszunutzen. Als die Weltverbände für Amateurboxen, Badminton und Tischtennis vorschlugen, die Sportlerinnen sollten ihre Wettkämpfe zukünftig in Röckchen austragen, gingen nicht nur Sportfunktionärinnen, sondern auch viele Athletinnen auf die Barrikaden und zwangen die Verbände, diese Regelung zurückzunehmen.
Spitzensportler müssen dafür sorgen, dass sie während und auch nach Beendigung ihrer Karriere finanziell abgesichert sind. Für die Frauen ist das noch bedeutsamer, weil sie erheblich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Sex sells – und so versuchen Sportlerinnen nicht selten, ihre Weiblichkeit und Erotik ins Spiel zu bringen. Die russische Tennisspielerin Anna Kournikova ist ein exzellentes Beispiel hierfür. Der Trend zu einer „marktgerechten“ Präsentation ist jedoch für diejenigen Athletinnen noch wichtiger, die in einer Sportart aktiv sind, die keine großen Gewinne abwirft. Dies gilt für fast alle Frauensportarten, zu den wenigen Ausnahmen zählen Tennis und Golf, aber auch hier haben Frauen wesentlich geringere Einnahmen als Männer. Unter den hundert bestverdienenden Sportlern weltweit befinden sich im Jahr 2012 nur drei Frauen.
Auf die Frage, warum der Männersport in den Medien dominiert, verweisen Medienmacher in der Regel auf die Erwartungen ihres, Publikums, nicht nur Journalisten, sondern auch Journalistinnen orientieren sich am „imaginierten“ Geschmack ihrer Rezipienten. Zudem hängt die Medienpräsenz von Athleten von der Öffentlichkeitsarbeit der Sportvereine ab. Gerade Sportarten, die nicht so sehr im Blick des öffentlichen Interesses stehen, müssen aktiv „vermarktet“ werden. Wie viel Engagement in das Marketing beispielsweise des Frauenfußballs gesteckt wird, entscheiden die Vereine, die in der Regel von Männern geführt werden.
Ohne Zweifel ist der Frauensport in den vergangenen Jahrzehnten sichtbarer geworden: Zahl und Leistungsstärke der Athletinnen haben zugenommen und Sportlerinnen sind heute anerkannter als früher. An dieser Entwicklung haben auch die Medien ihren Anteil. Der sexualisierten Vermarktung des Frauensports stehen heute zahllose seriöse Berichte gegenüber, in denen sachkundig und positiv über die Leistungen von Athletinnen berichtet wird. Die umfangreiche Berichterstattung über die Frauen-Fußball-WM 2011 steht beispielhaft dafür.
Das Interesse an einer Sportart und den daran Beteiligten lässt sich nicht einfach erzwingen. Fußballfans sind nicht so leicht für Synchronschwimmen zu begeistern. Die Fortschritte, die der Frauensport in den vergangenen Jahren gemacht hat, vor allem die selbstverständliche Akzeptanz von Frauen in Männersportarten, lässt allerdings hoffen, dass Sportlerinnen und ihre Leistungen in Zukunft größere mediale Beachtung finden werden. Und letztendlich ist es das Publikum, das sich für den Kauf eines Playboy-Heftes mit halb nackten Kickerinnen oder einer Zeitung mit einem seriösen Bericht über einen Frauenboxwettkampf entscheidet.