Der Kreml von Kasan

Dank seiner Mischung von Elementen christlich-orthodoxer und muslimischer Architektur gehört der Kasaner Kreml seit der Jahrtausendwende zum Weltkulturerbe der UNESCO

Eisfischen vor spektakulärer Kulisse: Im Winter verbringen viele Menschen ihre Zeit auf der zugefrorenen Wolga, an deren Ufer der Kasaner Kreml liegt. Foto: Ivan Vdovin

Direkt an der Wolga, die im Winter zufriert, und genau dort, wo sie ihren Lauf von Osten nach Süden ändert, steht der Kasaner Kreml. Innerhalb seiner uralten Mauern herrscht eine friedliche Atmosphäre. Nur wenige Meter voneinander entfernt befinden sich die Mariä-Verkündigungs-Kathedrale und die Kul-Scharif-Moschee. Als der russische Herrscher Iwan der Schreckliche Kasan 1552 einnahm, zerstörte er die Moschee und ließ die Kathedrale errichten. In den 1990er-Jahren wurde die Moschee im Gedenken an die bei der Eroberung der Stadt gefallenen Tataren wiedererbaut.

Ungeachtet der kämpferischen Auseinandersetzung finden sich in beiden Bauwerken Architekturelemente der jeweils anderen Kultur wieder. Der Kasaner Kreml zeugt somit von der fruchtbaren Symbiose, die seit Jahrhunderten zwischen der tatarischen und der russischen Kultur besteht. Mit seinen vielen Türmen, Giebeln und Dächern aus unterschiedlichen Architekturperioden erinnert er an eine reich verzierte Torte. Für die Tataren ist der Platz vor dem Sujumbike-Turm ein heiliger Ort. Hier wurden die tatarischen Khane, die ursprünglichen Herrscher Kasans, begraben. Einmal habe ich eine Gruppe Nogaier, ein den Tataren verwandter Volksstamm, zu der Grabstätte begleitet und ich sah, wie sie weinten. Sie haben die Verbundenheit ihrer Kultur mit diesem Ort gespürt. Das war sehr bewegend. Heute ist der Kreml auch Schauplatz vieler moderner Kulturveranstaltungen wie Musikfestivals und Kunstausstellungen.

 Protokolliert von Maria Galland